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[infowar.de] Bundeswehr/Herkules, aus junge welt



Infowar.de, http://userpage.fu-berlin.de/~bendrath/liste.html
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Noch was zu Herkules, basierend v.a. auf Telepolis, Europäische
Sicherheit und Welt. 
Schönstes Zitat: 

"Die Nachricht »Hiermit erklären wir Ihnen den Krieg« würde der deutsche
Verteidigungsminister fortan über private Rechner und Leitungen
schicken."

Wann war nochmal die letzte offizielle Kriegserklärung der
Weltgeschichte? Meines Wissens im Zweiten Weltkrieg...
RB

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http://www.imi-online.de/2004.php3?id=1019

Fit für Kriege der Neuzeit

Weitgehend unbeachtet wollte die Bundeswehr ihre Telekommunikation
aufrüsten. Erst das Scheitern des Vorhabens warf ein Schlaglicht
auf das Projekt Herkules

von Tobias Pflüger und Harald Neuber   

in: junge Welt vom 14.08.2004 

Schon die Ankündigung ließt nichts Gutes erwarten: Ziel des
Projektes Herkules sei es, so Verteidigungsminister Peter Struck
(SPD), die Effizienz der Streitkräfte immens zu steigern.
Tatsächlich handelt es sich bei dem seit Jahren geplanten Projekt
um das größte Privatisierungsvorhaben in der Geschichte der
Bundeswehr: Die gesamten Daten- und Kommunikationsnetzwerke der
bundesdeutschen Armee sollen einander angeglichen werden. Mit dem 
Informationstechnologischen Modernisierungsprogramm werde die
Bundeswehr endlich an den NATO-Erfordernissen ausgerichtet,
schwärmt auch der Vorsitzende des Bundeswehr-Verbandes, Bernhard
Gertz. 

Vorerst aber ist das Projekt auf Eis gelegt, nachdem die Verhandlungen
zwischen dem Verteidigungsministerium und dem privaten Konsortium
ISIC21 nach fast zwei Jahren Vorbereitung Anfang Juli gescheitert
waren. Die Gruppe aus dem Rüstungskonzern European Aeronautic
Defence and Space Company (EADS), dem Telekommunikationsunternehmen
Mobilcom und der Beraterfirma CSC Ploenzke bestand neben dem
ausgeschriebenen Milliardenbetrag auf einen Zuschlag von 500 Millionen
Euro ? zuviel für die Bundesregierung. Als Grund führte EADS
vergaberechtliche Restriktionen des Verteidigungsministeriums an. Nun
soll es das bei der Auftragsvergabe im Jahr 2002 unterlegene
TIS-Konsortium aus Telekom (T-Systems), IBM und dem Siemens
Business-Service richten. 

Immerhin 6,65 Milliarden Euro will sich die Bundesregierung die
nachrichtentechnische Modernisierung der Armee weiterhin kosten
lassen. Wie das Onlinemagazin Telepolis berichtete, sollen im Laufe
von zehn Jahren 300 000 Telefone und 140 000 Computerarbeitsplätze
auf einer gemeinsamen Systembasis eingerichtet werden. Immerhin
arbeiten die gut 450 000 Bundeswehrmitarbeiter an über 600
Standorten bislang mit mehreren hundert Insel- und Extralösungen im
Soft- und Hardwarebereich. Nach bisherigen Plänen soll nach einer
mehrmonatigen Bestandsaufnahme ? im Fall des ISIC21-Konsortiums
hatte die fast ein Jahr gedauert ? eine teilprivate
IT-Gesellschaft gegründet werden, an der die Privatunternehmen 50,1
Prozent und der Bund 49,9 Prozent halten. 

Politisch betrachtet ist das größte Modernisierungs- und
Privatisierungsprojekt im Kontext des NATO-Ausbaus einzuordnen. Die
unterschiedlichen Systeme hätten im transatlantischen Bündnis,
so wird zur Erklärung des Projektes gesagt, bislang immer wieder zu
Komplikationen geführt. Im »Rahmen der Ausrichtung auf die neuen
Aufgaben der NATO-Armeen« sei daher eine Angleichung nötig.
Daß die nun an Geldfragen gescheitert ist, könnte
unvorhergesehene Folgen haben. Wohin der Finanzstreit um die
Bundeswehr führen kann, ließ sich schon in einer
Bundestagsdebatte am 11. März erkennen. In der Diskussion hatten
Unionspolitiker eben aus Finanzgründen den Einsatz der Truppe im
Inneren gefordert. »Angesichts der sehr engen öffentlichen
Haushalte und daß wir alle ja der Ansicht sind, daß zwischen
innerer und äußerer Sicherheit keine klare Trennschärfe mehr
besteht, halte ich es für geradezu absurd, für den Bereich der 
inneren Sicherheit parallele Strukturen aufzubauen, nur weil man an
dem alten Dogma festhalten will, daß sich die Bundeswehr unter
Berücksichtigung unserer Verfassungsordnung nicht auf die neuen
Herausforderungen im Innern einstellen darf«, sagte der
CDU-Abgeordneter Eckart von Klaeden. 

Welche militärische Bedeutung das Projekt Herkules hat, deutete
Verteidigungsminister Peter Struck in einem Interview vom 29. 
Februar im Berliner Tagesspiegel an. Unter der Überschrift »Was
geht uns Afrika an?« beanspruchte Struck eine besondere 
Verantwortung Deutschlands für Afrika und kündigte zukünftige
Militäreinsätze auf dem schwarzen Kontinent an. Auf die Frage,
wann »Europa einen Kampfeinsatz wie im Kosovo ohne die USA
ausführen« könne, ging Struck in die verbale Offensive:
»Von der Ausbildung und Ausrüstung der Soldaten her könnten
wir das jetzt schon ? allerdings mit logistischer
Unterstützung der NATO«, sagte der SPD-Mann. Zur Zeit habe die
Bundeswehr unter anderem jedoch »Defizite in modernen
Kommunikationstechniken«. Aus diesem Grund sei das 
Herkules-Projekt auf den Weg gebracht worden. 

Über die Ziele äußerte sich Oberstleutnant Thomas Lenschen,
Referent für IT-Strategie/Konzeption für die Bundeswehr. In
einem Artikel der Militärzeitschrift "Europäische Sicherheit"
prognostiziert Lenschen: »Die mobilen Kommunikationssysteme in
Verbindung mit den stationären und Liegenschaftsnetzen des Projekts
Herkules bilden zukünftig das horizontal und vertikal vernetzte
Kommunikationssystem der Bundeswehr, das in Verbindung mit den Netzen
der Alliierten die interoperable Kommunikation vor allen im
Einsatzgebiet deutscher Streitkräfte ermöglicht.« Daß
solch offensives Denken mit der Grundlinie der gesamten
Bundeswehrführung übereinstimmt, macht Vizeadmiral Lutz Feld als
Inspekteur der Deutschen Marine in der Zeitschrift "Soldat und
Technik" deutlich: »Wir müssen sowohl in nationalem als auch in
multinationalem Rahmen zur vernetzten Operationsführung in der Lage
sein.« 

Am besten aber brachte die Journalistin Sonja Banze die Ausrichtung
der Bundeswehr auf Krieg in der militärnahen Springerzeitung "Die
Welt" im Jahr 2002 zum Ausdruck. Die Ansprüche an die Bewerber
für das Herkules-Projekt seien hoch, so Banze, denn das Projekt
berühre einen neuralgischen Punkt des neuen Sic
herheitsbedürfnis des Staates. Die Nachricht »Hiermit
erklären wir Ihnen den Krieg« würde der deutsche 
Verteidigungsminister fortan über private Rechner und Leitungen
schicken. Das Herkules-Projekt berühre aber auch die
Satelliten-Bodenstationen, »im schlimmsten Fall die einzige 
Verbindung der Generäle zu ihren Truppen im Ausland und ihren
NATO-Partnern«. Die Ausrichtung der gesamten
Informationstechnik der Bundeswehr auf Kriegsführung wird 
inzwischen also bereits offen zugegeben.


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