[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]
[infowar.de] DARPA forscht an künstlichem Wahrnehmungsgedächtnis
Infowar.de, http://userpage.fu-berlin.de/~bendrath/liste.html
-------------------------------------------------------------
http://www.telepolis.de/deutsch/inhalt/te/18322/1.html
Künstliches Wahrnehmungsgedächtnis
Florian Rötzer 14.09.2004
Nachdem LifeLog eingestellt wurde, will Darpa mit einem neuen Projekt
möglichst viele, von Soldaten im Einsatz gesammelte Daten erfassen und
automatisch auswerten
Die Informations- oder, besser, die Aufmerksamkeitsgesellschaft
zeichnet sich dadurch aus, dass mit den wachsenden Möglichkeiten, Daten
zu erfassen, zu speichern und zu verarbeiten, auch die Begehrlichkeiten
der Überwachung größer werden. In den von Angst und Sicherheitswünschen
bestimmten Zeiten des "Kriegs gegen den Terrorismus" ist der Ausbau der
Überwachung nur noch stärker ins Zentrum gerückt. An der Spitze der
Entwicklung marschiert womöglich das Pentagon, das nun wieder ein
Forschungsprojekt startet, um möglichst alles zu erfassen, was Soldaten
auf dem Schlachtfeld wahrnehmen.
Das Projekt des Information Processing Technology Office (IPTO) der
Darpa ist nicht neu, sondern nur eine Variante eines früheren Projekts,
das im Rahmen des Projekts [1] Total Information Awareness (TIA) von
derselben Abteilung bereits unter dem Titel LifeLog angedacht worden
ist ( Nichts geht verloren - oder: Totale Überwachung [2]). Mit
Lifelog wollte man ein System schaffen, das den "Wahrnehmungsfluss
einer Person in der Welt und in Interaktion mit dieser erfasst,
speichert und zugänglich macht". Als Ziel von LifeLog wurde angegeben,
"die 'threads' des Lebens eines Menschen im Hinblick auf Ereignisse,
Zustände und Beziehungen verfolgen zu können". Neben den Wahrnehmungen
sollten auch (Telefon)Gespräche, Surfverhalten, Emails und schlicht
alles, was sich nur irgendwie aufzeichnen lässt, gespeichert werden.
Doch LifeLog wurde zusammen mit anderen Überwachungsprojekten des
geradezu maßlos angetretenen Forschungs- und Entwicklungsprojekts Total
Information Awareness schließlich vom Kongress gestoppt. Zu umstritten
war selbst in Zeiten der Sicherheitshysterie die angestrebte
Transparenz und auch der ehemalige General John Poindexter, der
zwielichtige Leiter des Projekts ( Kongress streicht Gelder für
Pentagon-Überwachungsprojekt [3]). Bestandteile des Darpa-Projekts
werden jedoch weiter betrieben ( Matrix und der "Terrorquotient" [4])
- und das vom IPTO ausgeschriebene Projekt Advanced Soldier Sensor
Information System and Technology ( ASSIST [5]) ist nur eine
abgespeckte Version von LifeLog, die, weil ganz auf Soldaten
zugeschnitten, auch vorerst Diskussionen über Datenschutz und
Privatsphäre vermeiden [6] könnte. Allerdings verfolgt Microsoft mit
MyLifeBits [7] ein ähnliches Projekt.
Ziel von ASSIST soll es sein, mehr Informationen über Kampfeinsätze
(battlefield awareness) durch Sensoren (Audio, Bild, Bewegung, Ort) zu
gewinnen, die von den Soldaten mitgeführt werden. Man will aus den
Erfahrungen lernen, indem man den Soldaten, die auch verbale
Mitteilungen machen sollen, gewissermaßen über die Schulter schaut.
Allerdings wird damit der "Job" des US-Soldaten noch viel mehr als
bislang zum Paradigma des überwachten "Arbeitsplatzes". Ob die derart
auf Schritt und Tritt überwachten Soldaten dies schätzen werden, ist
eine andere Frage. Möglicherweise würde damit das Pentagon auch die
Beweise für ein Fehlverhalten der Soldaten in Händen halten - oder
könnte man sich nicht mehr herausreden, dass man nicht gewusst habe,
wenn ein paar "isolierte" Fälle wie im Abu Ghraib-Skandal bekannt
werden. Mit den gesammelten Informationen ließen aber auch künftige
intelligente Systeme füttern, um etwa autonome Kampfroboter ( Denn sie
sollen wissen, was sie tun [8]) oder auch nur digitale Assistenten zu
entwickeln, die den Soldaten im Einsatz beraten..
Darpa ist noch ein wenig zurückhaltender. In der ersten Phase des
Projekts gehe es um die Erfassung, Verarbeitung und Darstellung der von
Sensoren aufgezeichneten Daten, in der zweiten auch um die automatische
Erkennung von Objekten und Aktivitäten. Zunächst sollen Soldaten auf
Patrouille mit den Sensoren Einzelbilder oder auch mit Videokameras
kurze Sequenzen machen, diese kurz zur Kontextualisierung kommentieren
und schließlich nach der Rückkehr editieren. Das Programm soll dann
daraus "digitale Berichte" zur Information ausarbeiten.
Minimalausstattung ist eine Digitalkamera, ein Mikrofon, GPS, ein
Prozessor und ein Speicher, integriert in einem Helm oder in einer
Jacke. Für die zweite Phase sollen dann mehrere unterschiedliche
Sensoren zum Einsatz kommen, die sich auch automatisch aktivieren
können und deren Daten automatisch ausgewertet werden.
Natürlich will man bei der Darpa, dass das System durch Erfahrung
lernt. Die "digitalen Berichte", die auch in Echtzeit erfolgen
können/sollen und so von den Kollegen oder den Vorgesetzten mitverfolgt
werden können, sind nur eine Anwendungsmöglichkeit. Interessiert ist
Darpa auch daran, mit einem solche System urbane und Innenräume exakt
kartographieren zu können.
Links
[1] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/13580/1.html
[2] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/14839/1.html
[3] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/15716/1.html
[4] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/17467/1.html
[5] http://www.darpa.mil/ipto/solicitations/open/04-38_PIP.htm
[6] http://www.wired.com/news/print/0,1294,64911,00.html
[7] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/13646/1.html
[8] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/robo/13680/1.html
---------------------------------------------------------------
Liste verlassen:
Mail an infowar -
de-request -!
- infopeace -
de mit "unsubscribe" im Text.