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[infowar.de] BW-Software: Befehlsverweigerung aufgrund von Gewissensentscheidung möglich
Hier auch TP dazu, etwas ausführlicher.
Der Spiegel Online-Bericht:
<http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,361609,00.html>
RB
http://www.telepolis.de/r4/artikel/20/20378/1.html
Befehlsverweigerung aufgrund von Gewissensentscheidung möglich
Florian Rötzer 22.06.2005
Das Bundesverwaltungsgericht hat einen Soldaten freigesprochen, der sich
im April 2003 weigerte, an der Entwicklung einer Software mitzuarbeiten,
mit der die Bundeswehr möglicherweise den Irak-Krieg unterstützen könnte
War der Irak-Krieg völkerrechtswidrig? Und hat sich die Bundesregierung,
als sie während der Vorbereitung des Krieges Bundeswehrsoldaten mit
Fuchs-Spürpanzern in Kuwait stationierte, deutsche Soldaten bei
AWACS-Flügen am Rande des Kriegsgebiets mitfliegen ließ und den
amerikanischen Militärflugzeigen Überflug- und Landerechte während des
Kriegs gewährte, schuldig (1) gemacht, weil sie einen Angriffskrieg (2)
unterstützte? Der Generalbundesanwalt hatte 2003 Klagen (3) gegen die
Bundesregierung wegen Beihilfe zur Vorbereitung eines Angriffskriegs
abgewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht hat nun jedenfalls entschieden,
dass ein Bundeswehrangehöriger Befehle aufgrund seiner
Gewissensentscheidung nicht befolgen musste, wenn nicht ausgeschlossen
werden könne, dass damit Kriegshandlungen im Irak mit unterstützt werden.
Der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig hatte
einen Fall (4) zu entscheiden, bei dem ein Major der Bundeswehr, Florian
Pfaff, sich im April 2003 dem Befehl seines Vorgesetzten verweigerte, bei
der Entwicklung einer militärischen Software mitzuarbeiten. Aus der
Mitteilung (5) des Bundesverwaltungsgerichts geht allerdings nicht hervor,
um welche Software es sich gehandelt hatte, es soll sich um ein Programm
zur Materialbeschaffung gehandelt haben.
Der Major begründete seine Weigerung damit, dass er es nicht mit seinem
Gewissen vereinen könne, damit an dem von ihm als völkerrechtswidrig
angesehenen Irak-Krieg mitzuwirken, da sein Vorgesetzter es nicht
ausschließen konnte, dass die Software von der Bundeswehr eingesetzt
werden könnte, wenn diese wiederum in irgendeiner Form den Krieg gegen den
Irak unterstützt. In diesem Zusammenhang wies er auf die Stationierung von
Soldaten in Kuwait und deren Beteiligung an Übungen, die Beteiligung an
den AWACS-Flügen (Moralisches Tieffliegen (6)), die Bewachung von
US-Stützpunkten in Deutschland und die Gewährung von Überflug- und
Landerechten für Militärflugzeuge zur Versorgung der US-Soldaten im Irak.
Die Bundeswehr reagierte auf die Befehlsverweigerung mit einer
Zurückstufung des Dienstgrads. Dagegen hatte der Soldat Einspruch erhoben
und verlangt, dass er von der Beschuldigung, ein Dienstvergehen begangen
zu haben, freigesprochen wird. Auf der anderen Seite hat auch der
Wehrdisziplinaranwalt Berufung eingelegt und verlangt, den Soldaten ganz
aus der Bundeswehr zu entlassen.
Der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts hat nicht darüber zu
entscheiden, ob der Krieg gegen den Irak völkerrechtswidrig war und die
Bundesregierung mit der Unterstützung des Krieges gegen das Grundgesetz
verstoßen hat, wie dies auch nach Rechtsexperten (7) der Fall (8) war (Die
Bedrohung der kollektiven Sicherheit (9)).
--Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das
friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung
eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind
unter Strafe zu stellen.-- Art. 26.1 GG
Auf der anderen Seite hat das Bundesverwaltungsgericht die
Gewissensentscheidung des Majors anerkannt. Er habe nicht gegen die
Gehorsamspflicht als Soldat verstoßen, da auch ihm das Grundrecht auf
Gewissensfreiheit zustehe, selbst wenn er keinen Antrag auf Anerkennung
als Kriegsdienstverweigerer gestellt habe. Überdies sei "die gebotene
gewissensentlastende Konfliktlösung durch eine anderweitige Verwendung des
Soldaten erfolgt".
Die Gewissensentscheidung wurde also, da ihre "Ernsthaftigkeit" glaubhaft
dargelegt wurde, in diesem Fall höher bewertet als die Gehorsamspflicht,
weil auch die Bundeswehr "ausnahmslos an 'Recht und Gesetz' (Art. 20 Abs.
3 GG) und insbesondere an die Grundrechte uneingeschränkt gebunden"
bleiben. Eine Berufung auf "militärische Zweckmäßigkeit oder
Funktionsfähigkeit" könne das Grundrecht nicht einschränken. Nun könnte
sich also fragen, wenn der Major nach Ansicht des Gerichts seine
Gewissensentscheidung, nicht an einem völkerrechts- und
grundgesetzwidrigen Angriffskrieg mitwirken zu wollen, glaubhaft machen
konnte, daraus auch folgt, dass es sich um einen solchen gehandelt hat.
Oder ist das nur eine Frage des subjektiven Gewissens? Für die Bundeswehr
könnten durch dieses Urteil schwere Zeiten entstehen. Möglicherweise auch
für die noch amtierende Bundesregierung.
LINKS
(1) http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/28/0,3672,2038268,00.html
(2) http://www.jurawiki.de/AngriffsKrieg
(3) http://www.welt.de/data/2002/12/16/25758.html
(4) http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/themen/Bundeswehr/pfaff.html
(5)
http://www.bundesverwaltungsgericht.de/enid/df0d558c7d4d1a89eb589e41c6fc88b0,1338f77365617263685f646973706c6179436f6e7461696e6572092d0935353435/Pressemitteilungen/Pressemitteilungen_9d.html
(6) http://www.telepolis.de/r4/artikel/13/13782/1.html
(7) http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/28/0,3672,2038268,00.html
(8)
http://www.fr-aktuell.de/ressorts/nachrichten_und_politik/dokumentation/?cnt=126669
(9) http://www.telepolis.de/r4/artikel/14/14438/1.html
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