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[infowar.de] Deutschland kann jetzt auch Radar-Satellitenspionage



Eigentlich schon seit dem 19.12., aber irgendwie ist das bisher untergegangen. Heute hat Telepolis gleich zwei Beiträge dazu.
RB

<http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24342/1.html>

Deutscher Aufklärungssatellit
Marcus Hammerschmitt 03.01.2007

SAR-Lupe-Satelliten bilden mit französischen Helios-Satelliten den Kern
der europäischen Satellitenaufklärung

Deutschland bewegt sich auf die ersehnte weltweite militärische
Handlungsfähigkeit zu: Der erste von fünf Spionagesatelliten des
SAR-Lupe-Systems (1) wurde am 19.12. von einer russischen Trägerrakete
in den Orbit  gebracht (2). Nicht vielen dürfte die Bedeutung dieses
Raketenstarts aufgegangen sein, denn die Medien berichteten davon, als
sei ein neues Einkaufszentrum eröffnet worden.

Dabei gäbe es doch Einiges an dieser Angelegenheit, das eine genauere
Beleuchtung verdienen würde. Zum Beispiel die Tatsache, dass
Deutschland damit das dritte Land wird (nach den USA und Russland), dem
radargestützte Spionage aus dem Weltall zur Verfügung steht.
"Radargestützt" heißt in diesem Zusammenhang vor allem:
wetterunabhängig.

Der große Nachteil bei der Radartechnologie ist die geringere Auflösung
im Vergleich zur optischen "Aufklärung", die heutzutage mit
phantastischen Resultaten aufwartet: Wahrscheinlich können auf Bildern
moderner optischer Spionagesatelliten 5-10 Zentimeter große Gegenstände
voneinander  unterschieden (3) werden.

Aber deutsche Qualitätsarbeit macht den Nachteil der geringeren
Grundauflösung teilweise wett. Die neuen Satelliten können im
"Spotlight-Modus" durch die Kombination der SAR-Technik mit
Lagemanövern einen Untersuchungsgegenstand aus verschiedenen
Perspektiven ausleuchten und bei Koppelung der so gewonnenen Daten
Auflösungen von deutlich unter einem Meter erzielen.

Bälle von einem Meter Durchmesser und ein exklusiver Zuschauerkreis

Möglicherweise arbeiten dabei auch mehrere Satelliten des Systems
zusammen. Wie gut das genau funktioniert, ist geheim. In der
Tagesschau (4) durfte immerhin ein Vertreter der Herstellerfirma  OHB
System AG (5) in onkelhaftem Tonfall ausplaudern, dass man beim
"Reinkucken" Bälle von einem Meter Durchmesser schon erkennen könnte,
einen Fußball aber nicht.

Die Live-Übertragung des Taliban-Cups von den staubigen Spielfeldern
Südafghanistans entfällt aber auch aus einem anderen Grund: In Echtzeit
geht da gar nichts. Und natürlich ist das ein ganz exklusiver
Zuschauerkreis, der in den Genuss dieser sehr speziellen Sorte
"Fernsehen" kommen soll. Denn obwohl entscheidende Beiträge zur
Funktionsfähigkeit des Systems von rein zivilen Instituten und
-projekten an der Universität Bremen stammen (vgl.  Bundeswehr bekommt
Augen im All (6)), werden ausschließlich militärische Dienststellen
Zugriff auf die Daten haben.

Diese Dienststellen tragen so schöne Namen wie "EinsFüKdo Bw"
(Einsatzführungskommando der Bundeswehr) und "KdoStratAufkl" (Kommando
Strategische Aufklärung). Diskretion wird dort groß geschrieben. Der
Start des ersten Satelliten wurde um fast zwei Jahre verschoben, weil
die zunächst eingeplante Verschlüsselungstechnologie nicht mehr sicher
genug  schien (7).

Kernstück der europäischen Satellitenaufklärung n

Genau wie der tatsächliche Start des ersten Satelliten selbst wird der
Aspekt der europäischen Integration an dem ganzen Projekt zwar erwähnt,
aber in seiner Bedeutung konsequent heruntergespielt. Denn das
SAR-Lupe-System soll mit den Helios-Satelliten der Franzosen  gekoppelt
(8) werden, die sowohl Photo- als auch Infrarotaufnahmen  bieten (9).

Der entstehende Verbund wird ganz offen als Kernstück der europäischen
Satellitenspionage angepriesen. Zusammen mit den  Galileo- und
GMES-Programmen (10) entsteht hier eine weltraumbasierte, militärisch
nutzbare Infrastruktur von erheblicher strategischer Bedeutung.

Rechnet man das atomare Arsenal Frankreichs hinzu, einschließlich
seiner jüngst beschlossenen Erneuerung ( Neue Raketen braucht das Land
(11)), die Anstrengungen der Bundeswehr zur Modernisierung ihrer
informationellen Infrastruktur (12) und die immer deutlicher
artikulierten Ansprüche Deutschlands auf eine führende Rolle bei der
Ordnung der Welt, kann man hier eine europäische Supermacht bei der
Entstehung beobachten. Also genau das, was Gruppen wie die IMI seit
Jahren  vorhersagen (13).

Wer weiß, vielleicht sind ja die SAR-Lupe- und die Helios-Satelliten
gemeinsam doch in der Lage, brandaktuelle Fotos von Bundeswehrsoldaten
zu schießen, die in Afghanistan mit Skelettteilen herumjuxen.

"Wir können auch anders"

Im Zusammenhang der transnationalen Integration ist aber auch
interessant, dass die deutsche Weltraumspionage eben nicht auf die
wohlerprobten Strukturen der ESA und ihre Trägerrakete Ariane
zurückgreift, sondern die selbst entwickelten Satelliten von den Russen
ins All bringen lässt. Die Botschaft lautet: "Wir können auch anders",
und sie richtet sich an die Amerikaner und die Franzosen gleichzeitig.
Bei den deutsch-russischen Gesprächen, die zu dieser Konstellation
geführt haben, hätte man doch zu gerne einmal Mäuschen gespielt.

Was lässt sich Deutschland seine große Radarfalle im All kosten? Das
kommt darauf an, wen man fragt und was genau gemeint ist. Die einen
sagen 300 Millionen, die anderen 370 (mit der Helios-Integration), es
gibt auch Schätzungen, die das Gesamtpaket auf 400 Millionen Euro
beziffern. Für ein militärisches Projekt dieser Größenordnung scheint
das verdächtig wenig, und man sollte sich nicht wundern, wenn die
Satelliten am Ende ihrer zehnjährigen Lebenszeit sehr viel mehr
gekostet haben. Bezeichnend, dass man die Anschaffung des
Weltraumspielzeugs kaum noch mit irgendwelchen zivilen
Kollateralnutzungen rechtfertigt.

Während man bei Galileo vor Jahren noch sehr genau zwischen den Zeilen
lesen musste, um die militärische Relevanz des Projekts überhaupt zu
erkennen (vgl.  Skandalöse Schönheitsfehler (14)) ist das bei SAR-Lupe
genau andersherum: Die Herstellerfirma  hängt (15) dem klar militärisch
definierten Projekt noch ein paar "andere Erdbeobachtungsaufgaben" an
(wie z.B. "Umweltschutz") - das war's.

LINKS

(1) http://www.ohb-system.de/Satellites/Missions/sarlupe.html
(2)
http://www.bundeswehr.de/portal/a/bwde/kcxml/04_Sj9SPykssy0xPLMnMz0vM0Y_
QjzKLd4w3dPMHSUGYfvqRMLGglFR9b31fj_zcVP0A_YLciHJHR0VFAFIKLis!/delta/base
64xml/L2dJQSEvUUt3QS80SVVFLzZfQV8xUko!?yw_contentURL=%2FC1256EF4002AED30
%2FW26WMLJR091INFODE%2Fcontent.jsp
(3) http://www.bernd-leitenberger.de/kh-2.shtml
(4)
http://www.tagesschau.de/video/0,,OID6215164_RESreal120_PLYinternal_NAV_
,00.html
(5) http://www.ohb-system.de/index.html
(6) http://www.heise.de/tp/r4/artikel/12/12298/1.html
(7) http://www.ftd.de/unternehmen/industrie/143264.html
(8)
http://www.bwb.org/01DB022000000001/CurrentBaseLink/W26FTE79283INFODE
(9) http://www.ohb-system.de/News/presse/0112_06.html
(10) http://www.hsfk.de/abm/print/forum/hagsch.htm
(11) http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24118/1.html
(12) http://www.computerwoche.de/knowledge_center/it_services/578090/
(13) http://www.imi-online.de/2002.php3?id=316
(14) http://www.heise.de/tp/r4/artikel/15/15352/1.html
(15) http://www.ohb-system.de/pdf/sar-lupe-broschure.pdf


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<http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24351/1.html>

Deutschland ist nun auch im All militärisch präsent
Wolf-Dieter Roth 03.01.2007

Erster Radar-Überwachungssatellit der Bundeswehr geht in Betrieb

Die Kuba-Krise brach 1963 in dem Moment aus, als die USA nach der
Auswertung eines Aufklärungsfluges die auf der Insel heimlich
aufgestellten Atomraketen entdeckten. So wurden Aufnahmen aus
Spionageflugzeugen und später -satelliten im Kalten Krieg strategisch
entscheidend, informierten die USA auch umgekehrt darüber, dass die
UDSSR zunächst gar nicht so viele Interkontinental-Atomraketen hatte,
wie sie vorgab. Nun ist Deutschland selbst imstande, dem Rest der Welt
in den Rüstungs-Topf zu sehen.

Die Raumfahrt begann militärisch und hat bis heute trotz aller
unschuldiger und berechtigter  Begeisterung für das All (1) diesen
ihren Ursprung nicht ganz ablegen können, dem ja auch ursprünglich die
heute vielgelobte Einführung des  Astronomieunterrichts in der DDR (2)
zugrunde lag.

Dabei ging es nicht nur darum, den Weltraum als Schlachtfeld zu
missbrauchen, dort  Atombomben (3) und Killersatelliten, die per Laser
jedes Ziel im Weltraum und auf der Erde pulverisieren können, sowie den
 "Star-Wars"-Abwehrgürtel zu platzieren. Auch die Luftaufklärung war
Ziel der Weltraumaktivitäten: Da auch das 20 Kilometer hoch fliegende
US-Spionagefluzeug U2 bald entdeckt und von Bodenabwehrraketen erreicht
und abgeschossen werden konnte, wollte man höher hinaus.

Stratosphären-Luftschiffe (4) sind eine denkbare Lösung, Satelliten
eine andere. Diese Spionagesatelliten bewegen sich dann auf niedrigen
Umlaufbahnen nahe der theoretischen Grenze von 500 km, unterhalb derer
die Reibung an der dichter werdenden Atmosphäre zu einem baldigen
Absturz des Satelliten führt, um eine ausreichende Auflösung der Bilder
zu erreichen.

Die ersten Satelliten des Kalten Krieges mussten ihre Filme noch per
Fallschirm abwerfen, die Bergung der Filme war kompliziert und
zeitkritisch, damit nicht der Gegner ihrer habhaft wurde. Der
unvermeidliche Absturz derartiger, anfangs oft atombetriebener
Militärsatelliten, war ein massives Problem - eine schmutzige Atombombe
aus dem All, deren Zielgebiet der Zufall bestimmte. Heute hat auch hier
die Solartechnik übernommen und die Bilder werden längst elektronisch
aufgenommen und übertragen.

Allerdings ist die Beobachtung von Wüstengebieten aus dem Weltraum kein
Problem, doch in anderen Gebieten der Erde versperren schon mal Wolken
die Sicht. Für reine Kartierungsaufgaben wie bei Google Maps ist dies
kein Problem - irgendwann ist schon mal freie Sicht. Für die akute
Überwachung von Truppenbewegungen oder der Positionsbestimmung von
Raketen ist es dagegen wenig hilfreich, wenn wochenlang Wolken das
Zielgebiet verhüllen. Mikrowellen statt Lichtwellen heißt die Lösung
und wenn diese wie beim Radar auch noch aktiv abgestrahlt werden, ist
es unerheblich, ob im Beobachtungsgebiet Tag oder Nacht herrscht. Zudem
kann durch technische Tricks die Auflösung der Aufnahmen bis auf einen
Meter am Boden erhöht werden - das Funktionsprinzip der SAR-Satelliten
( Augen durch Nacht und Wolken (5)).

Deren zivile Variante TerraSAR-X mit im Endausbau ab 2009/2010 zwei
Satelliten (TanDEM-X) hätte eigentlich Ende Oktober vom russischen
Baikonur aus starten sollen. Wegen eines Fehlstarts der russisch-
ukrainischen Trägerrakete DNEPR-1 am 26. Juli 2006 wurde dieser jedoch
auf die nächsten Monate verschoben. Dafür wurde  kurz vor Weihnachten
(6) ebenfalls aus Russland, vom Militärraketenstartplatz  Plesetsk (7),
der erste Satellit der ebenfalls bereits seit Jahren geplanten (
Bundeswehr bekommt Augen im All (8)), von dem Unternehmen  OHB-Systems
(9) gebauten militärischen Variante  SAR-Lupe (10) gestartet, der
ursprünglich schon Anfang 2005 ins All geschossen werden sollte. Die
DLR in Oberpfaffenhofen  übernimmt (11) wie bei der zivilen Variante
TerraSAR-X die Kontrolle, bis alle Systeme überprüft sind und Satellit
sowie Kontrolle offiziell an die Bundeswehr übergehen.

Bislang verlaufen alle Tests nach Plan; sobald der zweite der im
Halbjahresabstand geplanten fünf Radar-Überwachungssatelliten im All
und betriebsbereit ist, wird das System offiziell von der Bundeswehr in
Betrieb genommen, die damit nach den USA und Russland das  dritte Land
mit Radarsatelliten ist (12).

Grund für das je nach Quelle mit 300 bis 750 Millionen Euro Kosten
angesetzte Projekt ist, dass die von den USA gelieferten Daten bei
Aufnahmen von Krisengebieten an die befreundeten Nato-Staaten ebenso
verzögert oder verschlechtert werden, wie die USA es auch beim
Satellitennavigationssystem GPS praktizieren. Friedensforscher der Uni
Kassel befürchten jedoch mit SAR-Lupe einen  erneuten Einstieg in das
Wettrüsten im All (13) und monieren einen damit eingetretenen Verstoß
gegen die UN-Resolution A 51/123: "Internationale Zusammenarbeit bei
der friedlichen Nutzung des Weltraums" vom 13. Dezember 1996.

LINKS

(1) http://www.heise.de/tp/r4/artikel/23/23500/1.html
(2) http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24208/1.html
(3) http://www.heise.de/tp/r4/artikel/17/17209/1.html
(4) http://www.heise.de/tp/r4/artikel/23/23297/1.html
(5) http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24016/1.html
(6)
http://www.bdli.de/portal/alias__BDLI/lang__de-DE/tabID__4411/ItemID__86
/DesktopDefault.aspx
(7) http://de.wikipedia.org/wiki/Plesetsk
(8) http://www.heise.de/tp/r4/artikel/12/12298/1.html
(9) http://www.ohb-system.de/Security/sarlupe.html
(10)
http://www.bwb.org/01DB022000000001/CurrentBaseLink/W26FTE79283INFODE
(11) http://www.dlr.de/desktopdefault.aspx/tabid-1/86_read-6647/
(12)
http://www.streitkraeftebasis.de/portal/a/streitkraeftebasis/kcxml/04_Sj
9SPykssy0xPLMnMz0vM0Y_QjzKLt4g3cQsBSUGYwfqRMLGglFR9b31fj_zcVP0A_YLciHJHR
0VFACDw1Fg!/delta/base64xml/L2dJQSEvUUt3QS80SVVFLzZfOF9PSko!?yw_contentU
RL=%2F01DB040000000001%2FW26WPJ8X160INFODE%2Fcontent.jsp
(13) http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/themen/Waffen/sar-lupe.html




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