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[infowar.de] Militärhellseher im Kalten Krieg (war. InfowarCon ist zurück)



alex -!
- schestag -
info wrote:
Remote Viewing (= Hellsehen)
Die Übersetzung ist nicht korrekt. Reines Hellsehen wird als
"Clairvoyance" bezeichnet. "Remote Viewing" wird in der Regel als
"Fernwahrnehmung" übersetzt und bezeichnet ausschließlich die
außersinnliche Wahrnehmung von Orten, im konkreten Fall von
militärischen Anlagen, auch in der Zukunft oder Vergangenheit
(während Hellsehen sich nur auf Gegenwärtiges bezieht). Kurz zum Stand der Forschung:
(...)

Telepolis hat das Thema jetzt auch aufgegriffen.
RB

http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24804/1.html

Militärhellseher im Kalten Krieg: Projekt "Star Gate"
Markus Kompa 12.03.2007

Die bizarre Geschichte der "remote viewers"

Sommer 1983. Ein Mann geht auf eine Wand zu, als wäre sie nur ein
Hologramm - und stößt sich die Nase. Er ist frustriert, weiß er doch,
dass Atome zu 99,9% aus leerem Raum bestehen. Zwischen den Wandatomen
und seinen eigenen hätte doch ausreichend Platz bestanden, sodass die
Materien sich gegenseitig locker hätten durchdringen können. Und wieder
hat es nicht geklappt, obwohl es doch anderen gelingt! Auch beim
Schweben blieb ihm der Erfolg versagt. Und so sehr er sich auch
bemühte, er wurde einfach nicht unsichtbar.

Diese Szene spielte sich nicht in einer Nervenheilanstalt ab. Auch
nicht in einem Douglas Adams-Roman oder einem Monty Python-Film. Den
Mann gab es wirklich, er meinte es ernst, und er bekleidete eine
Position, in der man ihm die Entscheidung über Leben und Tod übertragen
hatte. Es handelte sich um  Major General Albert Stubblebine III. (1),
der von 1981 bis 1984 als  Commanding Officer of the U.S. Army
Intelligence and Security Command (INSCOM) (2),  das Kommando über
16.000 Soldaten des höchsten militärischen Geheimdienstes der USA
führte.

Er glaubte auch an psychokinetisches Heilen, das er für das Militär
nutzbar machen wollte. Bei einem Vortrag vor Kommandeuren von
Spezialeinheiten reichte er zum Beweis für die Existenz
psychokinetischer Techniken verbogenes Besteck herum. Er wollte die
Spezialeinheiten darin unterrichten lassen, wie man durch Konzentration
das Herz des Feindes zum Stillstand bringen könne. Stubblebine meinte
zu spüren, dass die Militärs ihn wohl nicht ernst nahmen.

Mit seinen Vorschlägen über Astralleibprojektionen fing er daher gar
nicht erst an. Nachdem man die Stubblebine-Jahre lange totgeschwiegen
hatte, wurden inzwischen die kuriosen Akten offiziell freigegeben. Als
ihn der Journalist  Jon Ronson (3) auf seinen Vortrag ansprach,
bedauerte der General, nie persönlich mit Uri Geller gearbeitet zu
haben. Von den Spezialeinheiten, vor denen er damals referiert hatte,
fühlte er sich verkannt. Was Stubblebine nicht wusste: Seine Zuhörer
hatten ihn durchaus ernst genommen. Sie hielten seine Ideen sogar für
exzellent. Und setzten sie um.

Die Folgen, welche esoterische Forschung im Bereich des Übersinnlichen
bei den US-Geheimdiensten anrichteten, gehören zu den bizarrsten
Geschichten des so genannten Kalten Kriegs überhaupt. In diesem Beitrag
soll nur die Rede von den friedlichen Hellseh-Spionen sein. Wer sich
für die  Psychic Warriors (4) der US-Army interessiert, die ihre Feinde
wie Yedi-Ritter durch  Geisteskräfte (5) besiegen wollten, sei u.a. auf
das Buch  The Men Who Stare at Goats (6) (2004) von Jon Ronson
verwiesen.

John Mulholland und die CIA

Bereits 1952 interessierte sich das US-Verteidigungsministerium für die
okkulten Aktivitäten der Nazis, die mit Astrologen und Hellsehern
experimentiert hatten. Wohl wegen  Hanussens (7) überzeugenden
Hellsehdarbietungen hatten die Naziwissenschaftler nach fähigen
Telepathen gesucht, über die man mit getauchten U-Booten kommunizieren
wollte, was unter Wasser per Funk nicht möglich ist.

Der neue CIA-Chef Allen Dulles war Derartigem ebenfalls aufgeschlossen
und wollte 1954 entsprechende Hellseher testen lassen. Hierzu
beauftragte er den Zauberkünstler  John Mulholland (8), den er bereits
für die CIA unter Vertrag genommen hatte, um im Rahmen des berüchtigten
Projekts  MK Ultra (9) Agenten unauffälliges Vergiften missliebiger
Zeitgenossen beizubringen (freigegebene  MK Ultra-Akten (10)).

Trickspezialist Mulholland, der in Tradition zum Spiritismuskritiker
Harry Houdini (11) Hellseher u.ä. für Hokuspokus hielt, untersuchte
widerwillig für die CIA Testpersonen und ungewöhnliche Vorfälle, konnte
jedoch in keinem einzigen Fall ein positives Ergebnis vermelden.
Dennoch entsandte Dulles offenbar bis in die 60er Jahre Agenten zu
Séancen, um ggf. fähige Hellseher zu rekrutieren. Die CIA ging 1962 in
einem Bericht davon aus, dass es zwar Psi-Phänomene gäbe, diese derzeit
jedoch nicht beherrschbar seien.

SRI: New Age meets CIA

Den gesamten Kalten Krieg über verstanden es Militärs und
Geheimdienste, durch Verweis auf angebliche Aktivitäten des "Empire of
Evil" Genehmigung und Finanzierung von "Gegenmaßnahmen" zu
erwirtschaften. Als man mit Gerüchten aufwarten konnte, denen zufolge
die Sowjets jährlich 60 Millionen Rubel in die Forschung mit Hellsehern
investierten, bewährte sich dieser Mechanismus aufs Neue. Eigene
Hellseher hätte die CIA bestens brauchen können, denn hinter dem
"eisernen Vorhang" war sie nahezu blind.

Andererseits wären russische Geheimdiensthellseher wohl auch eine
willkommene Erklärung dafür gewesen, dass die Gegenseite über die US-
und NATO-Geheimnisse umfassend im Bilde war (nämlich aufgrund von
Verrätern in höchsten Positionen). Die CIA suchte Anfang der 70er Jahre
geeignete Wissenschaftler und stieß dabei auf den Parapsychologen
Harold "Hal" Puthoff, der praktischerweise ein ehemaliger
Geheimdienstler der NSA (s.u.) gewesen war, dem für Abhören und
Dechiffrieren zuständigen US-Geheimdienst.

Puthoff arbeitete als Laserspezialist am renommierten  Stanford
Research Institute International (SRI) (12), Kalifornien. Mit
verdeckter Finanzierung der CIA testete Puthoff mit dem Plasmaphysiker
Russel Targ (13) in den Labors allerhand Hellseher. Unter dem Codewort
"Scanate" (scanning by coordinate) sollten Testpersonen anhand
mitgeteilter geographischer Koordinaten erraten, was sich an
entsprechender Stelle verbirgt.

Eine der (im wahrsten Sinne des Wortes) vielversprechendsten
Testpersonen war der bekannte Hellseher  Ingo Swann (14), der sich den
Forschern auf deren Ausschreibung hin als Testperson anbot. Swann will
über die Fähigkeit verfügt haben, in Kisten versteckte Gegenstände
erraten zu können. Zudem will er bei einer "Out-of-body"-Reise
Jupitermonde etc. gesehen haben, bevor diese von Sonden nachgewiesen
wurden. Swann spielte eine Schlüsselrolle in der  Scientology-Church
(15). Bis heute hält sich hartnäckig das werbewirksame Gerücht,
Scientologe Swann habe die CIA so beeindruckt, dass diese um ihre
Geheimnisse gefürchtet und daher die "Scientology Church" unterwandert
habe, um diese zu diskreditieren. Targ und Puthoff prägten für Swanns
hellseherische Kräfte den pseudowissenschaftlichen Begriff "remote
viewing" (fernes Sehen). Swann verlor nach acht Monaten zunächst das
Interesse an der Zusammenarbeit, da er sich eher in der Rolle des
Machers als des Versuchskaninchens sah.

Ein weiterer szenebekannter Kandidat war der Ex-Streifenpolizist Pat
Price. CIA-Direktor Stansfield Turner persönlich rühmte die angeblich
überzeugenden Ergebnisse nach Price überraschendem Tod später sogar
öffentlich. Derartiges Lob ist jedoch mit Vorsicht zu genießen, neigen
doch Geheimdienstchefs ähnlich wie gewöhnliche Politiker dazu, ihre
naturgemäß nur bedingt nachprüfbare Arbeit zu glorifizieren und
Niederlagen zu bagatellisieren. Der 1996 freigegebene  Geheimbericht
(16) des Militärphysikers Dr. Kenneth A. Kress von 1977 bewertete die
Ergebnisse nüchterner.

Prominentester Proband der CIA-finanzierten SRI-Forschung war 1973 ein
gewisser Uri Geller, dessen übersinnliche Kräfte Scientologe Puthoff
bis heute für authentisch hält. 1975 stellte die CIA die Finanzierung
ein. Die während des "MK Ultra"-Projekts begonnene Zusammenarbeit mit
Hellsehern wurde 1976 im Zuge der Watergate-Affäre erstmals der
Öffentlichkeit bekannt. Targs und Puthoffs esoterische Forschung mit
Swann, Price und Geller hat Parapsychologiekritiker  James Randi (17)
in seinem Klassiker "Flim-Flam!" (1982) ein eigenes Kapitel mit dem
charmanten Titel  The Laurel and Hardy of Psi (18) gewidmet, wobei in
Bezug auf das SRI die Rolle der CIA allerdings damals noch geheim
geblieben war.

Als Sponsor für die parapsychologische Grundlagenforschung am SRI
sprang die Air Force ein, die für Feindaufklärung per coordinate
viewing zu haben war, und Puthoff, Targ und letztlich wieder Swann
blieben beschäftigt.

Alarm bei der Army

Als Targ und Puthoff ihren reichlich unwissenschaftlichen Klassiker
"Mind Research: Scientists Look at Psychic Abilities" (1977, dt.:
"Jeder hat den 6. Sinn" (1977)) veröffentlichten, beunruhigte dies den
Abwehrspezialisten Lieutenant Fred Holmes Atwater vom "Army's Missile
Research and Development Command", der das Buch in einer Sitzung
vorwurfsvoll auf den Tisch knallte.

Wenn es also "remote viewing" gab, wie sollte der bedauernswerte
Atwater künftig nun die Militärgeheimnisse der USA schützen?!? Obwohl
der Sicherheitsspezialist gerade zu der ehrenvollen Aufgabe
abkommandiert worden war, für die Sicherheit des Pentagon zu sorgen,
wurde er kurzfristig zurückgepfiffen: Für den weitsichtigen Soldaten
hatte man eine wichtigere Verwendung.

Psychic Spies: Code "Center Lane"

Mit dem Lesen fremder Gedanken - wenn auch vorzugsweise mittels
Elektrotechnik - befasste sich seit 1952 die von der CIA
organisatorisch getrennte "National Security Agency" (NSA), der
gigantische Abhör- und Dechiffrierungsgeheimdienst der USA ( No Such
Agency (19)). Schon allein die Existenz der NSA, inzwischen der
personell weitaus größte Geheimdienst der Welt, war jahrzehntelang ein
Staatsgeheimnis gewesen. Der NSA insoweit untergeordnet war der oberste
militärische Geheimdienst "US Army Intelligence and Security Command"
(INSCOM), der für die NSA weltweit die Abhöranlagen betrieb.

INSCOM betraute 1977 Atwater  mit der Koordination parapsychologischer
Forschung in der damals geheimen NSA-Stadt "Crypto City" am Stützpunkt
Fort Maede, Maryland. Zur Einschätzung des potentiellen Schadens durch
russische Hellseher beschloss Atwater, ein halbes Dutzend eigene
"remote viewers" trainieren zu lassen. Unter der Codebezeichnung
"Center Lane" ließ er Targ und Puthoff in Fort Maede geeignete Militärs
auswählen. Atwaters "Remote Viewing Unit" bemühte sich, meditativ alle
aktuellen Krisenherde abzutasten, etwa die Botschaft in Teheran,
sowjetische Aktivitäten auf Kuba und verdächtige Gebäude in Ostberlin.
Die Ergebnisse hielten sich in Grenzen, und selbst die remote viewer
räumten ein, dass ihre Arbeit zumindest keinen konkreten Nutzen
stiftete.

Die Geheimdienstgemeinde spaltete sich in Spötter und Schwärmer.
Bürokraten, die sich nicht für Esoterik erwärmen konnten oder gar aus
konservativ-christlicher Überzeugung das Treiben der remote viewer für
ein Werk des Teufels hielten, strichen immer wieder Mittel für
entsprechende Forschungsprogramme, jedoch waren die Mitglieder der
Einheit wegen tadelloser Karrieren unkündbar. Nachdem die
Militärhellseher lange laviert hatten, fanden sie schließlich 1982 im
INSCOM-Kommandanten Major General Stubblebine einen mächtigen
Esoterik-Enthusiasten, der trickreich Kontrolle und Finanzierung der
staatlichen Zauberer organisierte.

Stubblebine glaubte, wie Uri Geller psychokinetisch Löffel verbogen zu
haben, die er zu verschiedenen Anlässen stolz präsentierte. (Auf
entsprechenden Seminaren, die in den USA ähnlich wie etwa Kurse fürs
"Feuerlaufen" angeboten werden, verbiegen die Teilnehmer Löffel mit
ihren Händen, wobei sie glauben, dies gelänge nur aufgrund besonderer
Kräfte.)

Insbesondere Joe McMoneagle sollen erstaunliche Sichtungen gelungen
sein: So erkannte er den damals hochgeheimen US-Abrams-Panzer, sagte
ein riesiges russisches U-Boot voraus usw. Ob man McMoneagles
Fähigkeiten bei INSCOM jemals mit wissenschaftlichen Methoden
verifiziert hatte, darüber schweigen sich die Berichte jedoch aus.

Vizepräsident George Bush, der bereits während seiner Zeit als
CIA-Direktor ein Dossier über die KGB-Hellseher in Auftrag gegeben
hatte, wurde von der Existenz der coordinate remote viewer unterrichtet
und soll sich interessiert gezeigt haben. Neue Mitglieder der Einheit
wie den späteren Stargate-Chronisten  Paul H. Smith (20) plagten zwei
Ängste: Welche Probleme er wohl bekäme, falls er kein Hellsehtalent
habe - und mit welchen mitunter feindlichen Reaktionen er rechnen
müsse, wenn seine Ergebnisse "zu gut" wären? Beide Sorgen waren jedoch
unbegründet: Permanentes Versagen ist im Geheimdienst nichts
ungewöhnliches, sondern der Normalfall. Und die Befürchtung, die
Ergebnisse könnten zu positiv ausfallen, war dann doch etwas
optimistisch.

Die Psi-Spione erhielten von vielen US-Geheimdiensten Aufträge, die
sich Informationen in aktuellen Fällen erhofften. Aus Gründen der
Geheimhaltungen erhielten sie jedoch kein Feedback, erfuhren also
tragischerweise nie, ob sie mit ihren Einschätzungen richtig lagen.

Esoterische Lehrpläne

Starhellseher Swann unterrichtete die remote viewers am SRI mit
pseudowissenschaftlichen science fiction-Ausdrücken und coolen
Abkürzungen. Auf dem Lehrplan der Militärgeheimdienstler stand auch
theosophisches und anthroposophisches Gedankengut. Swann lehrte die
"akashic records", das himmlische Gedächtnis, das sich bereits Madame
Blavatsky offenbart hatte. Dass Madame Blavatsky bei
Täuschungsversuchen erwischt worden war, etwa bei der Verwendung von
Handattrappen, um die Kontrolle ihrer Hände durch ihre Sitznachbarn
während Dunkel-Séancen vorzugaukeln, erwähnte der Hellseher nicht. Auch
indianisches Geheimwissen wurde den Geheimdienstlern vermittelt.

Nachdem der Guru Swann wieder nach New York übergesiedelt war, folgten
ihm die Mitglieder der Hellsehereinheit. Diese verstanden sich so gut,
dass sie ihre Freizeit gemeinsam verbrachten und gemeinsam vor allem
Science Fiction-Filme ansahen. Von der Parapsychologiekomödie "Ghost
Busters" waren die esoterischen Spione so begeistert, dass sie sich
T-Shirts mit dem durchgestrichenen Geisteremblem kauften und voller
Stolz trugen. Einige interessierten sich auch für UFOs, die
Prophezeiungen des Nostradamus und Weltuntergangsszenarien. Viele
Mitglieder waren ausgesprochen religiös. So gehörten dem Team mehrere
Mormonen an sowie ein "wiedergeborener Christ", der an einem Buch über
die heilige Jungfrau Maria arbeitete. Mit dem Widerspruch, eigentlich
Teufelswerk zu beforschen, konnte man sich jedoch arrangieren.

Zu der Gruppe stieß der Psi-begabte  Lyn Buchanan (21), der auf seinem
Stützpunkt in Augsburg dafür verantwortlich gemacht worden war, mit
seinen psychokinetischen Fähigkeiten eine Computeranlage außer Kraft
gesetzt zu haben. Der Para-Spion war von Stubblebine persönlich
rekrutiert worden, da er sich auch auf die Kunst des Handlesens
verstand.

Duell der Magiere: General Noriegas Abwehrzauberer

Subblebine setzte seine Psi-Spione in Panama auf den EX-CIA-Partner
General Manuel Noriega an, nachdem normale Agenten beim Versuch, Wanzen
zu legen, ertappt worden waren. Doch Noriega war nicht beizukommen,
vielleicht weil ihm sein Voodoo-Zauberer ein Amulett mit einem
magischen Stein gegeben hatte, das allgemein vor Geheimagenten zu
schützen versprach.

Stubblebine entsandte Hunderte von INSCOM-Militärs zu offiziell als
Führungs-Seminare deklarierten Kursen in das obskure Monroe-Institut,
die dort in der Kunst der Out-of-body-experiences unterrichtet wurden.
Einer der INSCOM-Wahrsager begann eines Tages, eine Kollegin unter
Drohgebärden als Doppelagentin zu beschuldigen und wurde daraufhin in
die Psychiatrie eingeliefert. Als der Patient dort erzählte, er sei
Teilnehmer eines Hellseh-Lehrgangs für Geheimagenten, wirkte sich das
auf seine psychiatrische Diagnose nicht allzu positiv aus. Wie in jedem
Großbetrieb funktioniert auch im Geheimdienst nichts so zuverlässig wie
der "Flurfunk", sodass der Vorfall zu einer Legende wurde und den
Kritikern des Spökenkieker-Programms in die Hände spielte.

Mitte der 80er Jahre bekam der legendäre Enthüllungsjournalist  Jack
Anderson (22), der schon Hoover und Nixon das Leben schwer gemacht
hatte, Wind von der parapsychologischen Forschung des US-Militärs. Der
Druck auf Stubblebine seitens kritischer Geister in NSA und
Militärgremien nahm zu, sodass der verkannte General für seine
esoterischen Programme keine realistische Chance mehr sah und 1984
seinen Ruhestand einreichte.

Zu den ersten Amtshandlungen seines Nachfolgers gehörte die Beendigung
von "Center Lane". Doch die psychic spies hatten sich in der
US-Geheimdienstgemeinde zahlreiche Freunde geschaffen. Mehrere Dienste
inklusive der CIA boten an, die Einheit zu übernehmen. Die  Defense
Intelligence Agency (DIA) (23), der Sammel- und Auswertungsdienst der
US-Militärgeheimdienste, führte die Forschungsarbeiten unter dem Code
"Sun Strait" fort.

Während des Golfkrieges von 1989 wurden die Hellseher in Saudi-Arabien
stationiert, wo sie aus relativ kurzer Distanz zu Bagdad den
Aufenthaltsort von Saddam Hussein ermitteln sollten - vergeblich. Die
DIA-Oberen waren mit den Ergebnissen unzufrieden, abermals meldete sich
Enthüllungsjournalist Anderson zu Wort und wieder stand die Einheit zur
Disposition.

Projekt Star Gate

Ein Gremium von Senatoren, das mit Geheimdienstangelegenheiten befasst
war, hatte jedoch einen Narren an dem Projekt gefressen. Nach
organisatorischen Änderungen wurde es unter dem Namen "Star Gate"
weitergeführt (die Bezeichnung hat nichts mit dem gleichnamigen
späteren Kinofilm zu tun). Smith wurde unter anderem von der
Drogenfahndung konsultiert, für die er mittels Wünschelrute Container
mit versteckten Drogen gefunden haben will. (Schon der
Varieté-Hellseher Erik Jan Hanussen hatte in Österreich im 1.Weltkrieg
das Militär im  Wünschelrutengehen (24) unterrichtet.) Das Star
Gate-Projekt wurde von der Affäre eines schon früher zu Kriminalität
neigenden Mitglieds überschattet, das Militäreigentum unterschlug und
sich eine Affäre mit einer verheirateten Frau leistete, was in den
puritanischen USA zu disziplinarischen Maßnahmen führte.

Aus unerfindlichen Gründen wollten die Militärbürokraten noch immer
nicht die Leistungen der tüchtigen esoterischen Feindaufklärer
anerkennen. Inzwischen hatten ausgeschiedene Mitglieder eine private
Firma namens  Psi Tech (25) gegründet, die ihre Hellsehdienste anbot.
Man versuchte, den Fall des Mordverdächtigen O.J. Simpson durch
Intuition zu lösen und suchte nach einer verschollenen sowjetischen
Weltraumsonde (wozu auch immer). Einträglicher dürften wohl eher die
Kurse im Hellsehen gewesen sein, die man entsprechend aufgeschlossenen
Zeitgenossen anbot.

Nach 18 Jahren, welche die amerikanischen Steuerzahler 20 Millionen
Dollars gekostet hatten, beauftragte man eine Statistikerin vom
"American Institute of Research" mit der Evaluation der Daten. Diese
attestierte den Hellsehern einen  Erfolg (26) von stolzen 15%. Die Dame
hatte ihr Handwerk allerdings am SRI erlernt, dem James Randi
seinerzeit indiskutable Forschungsmethoden nachgewiesen hatte. Die CIA
konsultierte 1995 den Psychologen  Ray Hyman (27) vom  Committee for
the Scientific Investigation of Claims of the Paranormal (CSICOP) (28),
dem von Randi gegründeten Skeptiker-Komitee zur Überprüfung von
paranormalen Phänomenen. Die von Hyman ermittelte signifikante
Abweichung der Star Gate-Ergebnisse von Zufallstreffern betrug 0 %.
Star Gate schloss die Tore.

Esoterischer Fehlalarm

Man könnte geneigt sein, die Bemühungen der Zauber-sehnsüchtigen
Geheimdienstler als harmloses Sandkastenspiel anzusehen, wäre da nicht
das Risiko esoterisch gewonnener Desinformation gewesen, die eine
Eigendynamik hätte entwickeln können. Welche Brisanz derartiges
gewinnen kann wird deutlich am peinlichsten Skandal des Star
Gate-Programms: Die remote viewers hatten sich an Weihnachten mit dem
UFO-Fan aus dem Team, Ed Dames, einen Scherz erlaubt und von einem sich
vom Nordpol her nähernden fliegenden Objekt orakelt - traditionell
vermeldet auch NORAD als Pressegag jährlich die Ankunft des
Weihnachtsmanns in seinem fliegenden Schlitten von ebendort. Der
gefoppte remote viewer deutete diese Sichtung jedoch als sich im Anflug
befindliche Atomraketen und versuchte, den höchsten Sicherheitsalarm
auszulösen.

Jener unglückliche Ex-Agent  Ed Dames (29) selbst enthüllte in einer
TV-Show die Geschichte des Star Gate-Programms, was nicht nur für
großes Aufsehen in den US-Medien sorgte, sondern Dames auch ein gutes
Auskommen als Ausbilder für "technical remote viewing" (TRV) bescherte.
Viel wird er davon jedoch nicht haben, falls eines seiner zahlreichen
Weltuntergangsszenarien zutrifft wie verseuchte Milch, im Wüstensand
versteckte schwangere Marsianer sowie ein Pflanzenvirus, das durch den
Kometen Hale-Bopp eingeschleppt worden sein soll. Dames und seine
Hellsehkollegin  Silvia Browne (30) gehören zu James Randis
gegenwärtigen Lieblingsfeinden. Während Dames Randis "1 Million
Dollar-Herausforderung" wegen angeblich unfairen Testbedingungen
ablehnt, hatte Browne zwar Anfang 2001 zugesagt, sich bis jetzt jedoch
noch immer nicht bei Randi blicken lassen.

Auch die anderen Psi-Veteranen veröffentlichten ihre Heldentaten in
einer Reihe seltsamer  Bücher (31), die den Leser auf eine harte
Geduldsprobe stellen. Die wenigen Indizien, welche die Autoren als
Beleg für ihre Fähigkeiten anführen, sind mitleidserregend bis
unfreiwillig komisch. Die Erfolge, derer sich die remote viewers
rühmten, kann man u.a. bei  Globalsecurity.org (32) nachlesen. Die
US-Geheimdienste beeilten sich mit der Feststellung, dass keine der
Psi-Informationen letztlich Verwendung gefunden hätte. Demgegenüber
hatte allerdings CIA-Direktor Richard Helms seinerzeit den
Projektstatus von "Research" (Forschung) auf "Practise" (Praxis)
geändert.

Dass es der Gruppe gelungen war, zwei Jahrzehnte im Biotop
"Geheimdienst" zuzubringen, ohne auch nur den geringsten Beweis für den
Sinn ihrer Tätigkeit zu erbringen, mag Außenstehenden erstaunlich
vorkommen. In Militär und Geheimdienst scheint das Festhalten an
Sinnlosem jedoch der Normalfall zu sein, solange nur die Form gewahrt
und die patriotische Gesinnung hinreichend zelebriert wird. Was geheim
ist, das kann auch niemanden stören.

2003 wurden 99 % der Akten, welche interessante Innenansichten
erlauben,  freigegeben (33). Die ehemals staatlichen Hellseher
gründeten die  Remote Viewers Association (34) und feiern sich noch
heute. Die Scientology-Church rühmt sich werbewirksam der
Zusammenarbeit ihres Personals mit den US-Geheimdiensten, hat sich aber
mit Swann (oder dessen operierenden Thetan) überworfen. Parapsychologe
Puthoff hatte sogar Geheimdienstmethoden in die "Wissenschaftskirche"
integriert, indem er sich an der Konstruktion von Polygrafen
("Lügendetektoren") als sog.  E-Meter (35) zur Messung innerer Reinheit
bei Verhören ("Auditing") beteiligte.

2005 erschien eine umfassende Dokumentation mit dem spektakulären Titel
"Reading the Enemynd. Inside Star Gate - Americaychic Espionage
Program" (2005), in dem Veteran Paul H. Smith auf über 500 Seiten nicht
eine einzige wirklich interessante Information bietet. Anders, als man
vom Titel her vermuten könnte, bemühten sich die remote viewers nicht
um das Lesen feindlicher Gedanken, sondern um Informationsgewinnung
durch Meditation.

Ausgerechnet Enthüllungsjournalist Jack Anderson steuerte ein
erstaunlich wohlwollendes Vorwort bei. Die Erklärung hierfür mag darin
zu suchen sein, dass Anderson wie Autor Smith ein gläubiger Anhänger
der Mormonen ist, zu deren Weltbild ohnehin allerhand Wundersames um
den umstrittenen Gründer Joseph Smith Jr. aus dem 18. Jahrhundert
gehört.

Return of the remote viewers

Dem investigativen Journalisten Jon Ronson zufolge wurden nach den
Anschlägen vom 11. September 2001 sämtliche psychic spies wieder vom
Geheimdienst kontaktiert, der sie dazu aufgefordert habe, jegliche
Vision zu melden. Selbst Uri Geller behauptete Ronson gegenüber, von
US-Behörden reaktiviert worden zu sein. Auch Großbritannien soll ein
entsprechendes Programm aufgebaut haben, um  Bin Laden mit "Remote
Viewing" in seinem Versteck zu entdecken (36)?

Es ist jedoch anzunehmen, dass die Legende von hellsehenden Militärs
bewusst als Desinformation zur psychologischen Kriegsführung im Irak
eingesetzt werden sollte. Ein weiterer Informant wusste Ronson zu
berichten, die Beendigung von "Star Gate" sei nur ein Ablenkungsmanöver
gewesen, um eine zweite ultrageheime Einheit zu tarnen. Deren
Mitglieder seien nicht nur remote viewers, sondern - nach Art des
Militärs - auch  remote killers (37).

Was im ersten Moment nach einem Trashfilm klingt, hat jedoch einen
durchaus plausiblen Hintergrund: Der New Age-begeisterte Colonel  John
B. Alexander (38), der bis heute freundschaftlichen Kontakt mit Uri
Geller pflegt, hatte tatsächlich in den 70ern in einem utrageheimen
Programm Krieger für spezielle Aufträge mit übermenschlichen
Fähigkeiten trainieren lassen: Unsichtbarkeit, Levitation und tödlicher
Psychokinese. Der Mann ist noch heute als visionärer Berater im
Einsatz, entwickelte tatsächlich vom Militär eingesetzte neue
Kampfmethoden und verfasste 1999 das viel beachtete Sachbuch "Future
War" über neue Kampftechnologien und nichttödliche Waffen.

Politische Hellseher

Während der Glanzzeit der remote viewers wurde tatsächlich die Politik
auf höchster Ebene esoterisch beeinflusst: Präsident Ronald Reagans
"chief of staff" Donald Regan schildert in seinen Memoiren, dass alle
wichtigen Schritte und Entscheidungen mit der Astrologin Joan Quigley
abgesprochen wurden, die unter anderem den Termin zur Unterzeichnung
des Abkommens über die nukleare Abrüstung von 1987 bestimmte.

Der amtierende italienische Staatschef Romano Prodi hatte 1978
versucht, die Herkunft einer brisanten Information übersinnlich zu
erklären: Als Industrieminister der Regierung Andreotti hatte Prodi an
einer spiritistischen Sitzung teilgenommen, bei der ihm der
Aufenthaltsort des damals entführten Politikers Aldo Moro in "Gredoli"
bekannt gegeben worden sei. Eine Suche im Ort "Gredoli" verlief
erfolglos, jedoch befand sich das Versteck tatsächlich in einer "Via
Gredoli". Eine Erklärung für die dürftig lancierte unvollständige
Information vermuten manche in der inzwischen bewiesenen Tatsache, dass
seinerzeit italienische Geheimdienstkreise in den Entführungsfall
verwickelt waren und insoweit Prodi eine Indiskretion zugespielt worden
sein dürfte. Prodi hält bis heute ausdrücklich an seiner Version mit
der Geisterbeschwörung fest.

Der britische Premierminister Tony Blair, der in anderem Zusammenhang
von UN-Waffeninspektor Hans Blix 2004 als "Geisterbeschwörer"
beschimpft wurde, steht okkultem tatsächlich nicht fern: Blairs Gattin
veranstaltet regelmäßig Séancen, konsultiert prominente Hellseher und
lässt sich von Uri Geller persönlich die Löffel biegen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel erzählte der BILD-Zeitung, Horoskope zu
lesen, sich aber nicht danach zu richten. Ob sich auch der
Bundesnachrichtendienst bei seiner Informationsbeschaffung esoterischer
Quellen bedient, wird von Experten für unwahrscheinlich gehalten.
Nationalsozialistische Geheimdienstler hatten mit Hanussens
Prophezeiungen genug schlechte Erfahrungen gesammelt, sodass man
hierzulande ausschließlich traditionelle Spionagemethoden bemüht.

LINKS

(1)
http://www.krone.at/index.php?http://wcm.krone.at/krone/S15/object_id__3
6289/hxcms/index.html
(2) http://www.inscom.army.mil/
(3) http://www.jonronson.com/
(4) http://www.blick.ch/news/ausland/artikel26171
(5) http://ejmas.com/jnc/jncart_channon_0200.htm
(6) http://www.jonronson.com/goats_04.html
(7) http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/31.12.2005/2264774.asp
(8)
http://web.archive.org/web/20060427040851/http://www.frankolsonproject.o
rg/Articles/Mulholland.html
(9) http://youtube.com/watch?v=OkwSC8qE7xE
(10) http://www.mindkiller.org/mkultra.html
(11) http://www.pbs.org/wgbh/amex/houdini/sfeature/margery.html
(12) http://www.sri.com/
(13) http://www.espresearch.com/examples.shtml
(14) http://www.ingoswan.com/
(15) http://www.sc-i-r-s-ology.pair.com/rvtimeline/index.html
(16)
http://www.scientificexploration.org/jse/articles/pdf/13.1_kress.pdf
(17) http://randi.org/
(18) http://www.zem.demon.co.uk/flim.htm
(19) http://www.heise.de/tp/r4/artikel/9/9581/1.html
(20) http://www.remoteviewer.org/remoteviewing/psmith.htm
(21) http://www.remoteviewer.org/remoteviewing/buchanan.htm
(22) http://de.wikipedia.org/wiki/Jack_Anderson
(23) http://www.dia.mil/
(24) http://www.dia.mil/
(25) http://www.dia.mil/
(26) http://www.espresearch.com/examples.shtml
(27) http://www.csicop.org/sb/2001-03/i-files.html
(28) http://www.csicop.org/
(29) http://www.learnrv.com/eddames.cfm
(30) http://www.sylvia.org/home/index.cfm
(31) http://www.psychicwarrior.com/
(32) http://www.globalsecurity.org/intell/systems/stargate.htm
(33) http://www.starstreamresearch.com/stargate.htm
(34) http://www.irva.org/
(35) http://www.ingo-heinemann.de/E-Meter.htm
(36) http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24715/1.html
(37) http://www.uri-geller.com/articles/2005/august/eir.htm
(38) http://www.nidsci.org/bios/alexander.php


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