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[infowar.de] Schäuble will sicheren Kommunikationsraum im Internet schaffen



http://www.heise.de/newsticker/meldung/90574

04.06.2007 12:20

Schäuble will sicheren Kommunikationsraum im Internet schaffen

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble forderte auf der internationalen
IT-Sicherheitskonferenz "Innovation und Verantwortung"[1] am heutigen
Montag in Berlin einen stärkeren Schutz kritischer Infrastrukturen und
Standards zur elektronischen Identifizierung ein. "Wir werden einen
sicheren Kommunikationsraum im Internet schaffen", erklärte der
CDU-Politiker im Rahmen der in diesem Monat auslaufenden deutschen
EU-Präsidentschaft. Der Austausch über das Netz müsse so
vertrauenswürdig werden "wie heute die Papierpost". Schäuble drängte in
diesem Zusammenhang auf die Verabschiedung europäischer Standards,
insbesondere bei der Online-Identifizierung von Nutzern. Dies würde ein
grenzüberschreitendes E-Government fördern sowie den
Identitätsmissbrauch im Internet zurückdrehen.

Bezogen auf Deutschland sprach der Innenminister von Fortschritten beim
Schutz kritischer Infrastrukturen[2] (Kritis). Für den vor anderthalb
Jahren angekündigten entsprechenden Plan zur Sicherung elementarer
Netzinfrastrukturen etwa in den Bereichen Telekommunikation oder
Energieversorgung gebe es nun erste Umsetzungsvorgaben. "Wir haben mit
den Betreibern ein gemeinsames Konzept für Kritis erstellt", freute
sich Schäuble. Dieses umfasse Verpflichtungen zur Einhaltung von
Mindeststandards für Sicherheitsvorkehrungen bis hin zum einzelnen
Arbeitsplatz. Der Minister erhofft sich davon auch ein Signal für den
Mittelstand sowie für andere EU-Mitgliedsstaaten zum Abschluss
vergleichbarer "intelligenter Partnerschaften".

Diese sind laut Schäuble nötig, da der Staat nicht allein die
Sicherheit der "Nervensysteme unserer modernen Gesellschaft"
gewährleisten kann. Dies sei aber eine "Schlüsselaufgabe unserer
Informationsgesellschaft", da schon ein Ausfall einer Steuerzentrale zu
europaweiten Ausfällen bei den betroffenen Infrastrukturen führen
könne. IT-Sicherheit sei "auch unter dem Gesichtspunkt des
Datenschutzes unverzichtbar". Die rechtlichen Vorkehrungen zu diesem
Bereich würden nur etwas nützen, "wenn auch technisch sichergestellt,
dass die Daten nicht gestohlen oder missbraucht werden können". Daneben
sei es Aufgabe der Industrie, wirkungsvolle Schutzverfahren zu
entwickeln und mit Informationen über aktuelle Bedrohungen allen
Nutzern zur Verfügung zu stellen. Weiter liege in der Verantwortung des
Anwenders, Schutzmechanismen auch zu nutzen. Wer sich aber nur auf den
Selbstschutz der Nutzer berufe, würde es sich zu leicht machen. So
seien Banken etwa in der Pflicht, "ihren Kunden ein möglichst sicheres
Online-Banking anzubieten".

Softwarehersteller rief Schäuble auf, ihre Programme transparent für
die Aufdeckung von Fehlern zu machen und schnell Abhilfe zu schaffen.
"Ein Software-Anbieter kann durch die sichere Vorkonfiguration viel zur
Sicherheit der Anwender beitragen", betonte er. Auch die Politik ließ
der Minister nicht außen vor. Diese müsse vor allem eingreifen, "wenn
Schieflagen entstehen sollten". In diesem Fall wäre etwa zu prüfen, ob
Anordnungen, strafrechtliche Sanktionen oder zivilrechtliche
Haftungsregelungen das geeignete Gegenmittel seien. EU-weit brachte
Schäuble weiter die Europäische Agentur[3] für Netz- und
Informationssicherheit (ENISA[4]) ins Spiel, die "multilaterale
Kooperationen unterstützen" und die Aufmerksamkeit für Risiken im
Vorfeld erhöhen könnte.

Willi Berchtold, Präsident des Branchenverbands Bitkom[5], erklärte den
Schutz kritischer Infrastrukturen zu einer der größten Herausforderung
des 21. Jahrhunderts. Die Bedrohungslage sei angesichts zunehmender
organisierter computerkrimineller Aktivitäten und Spamming als ernst zu
bezeichnen. Auch die Bekämpfung illegaler Inhalte wie
Kinderpornographie oder rechtsextremistischer Propaganda sei wichtig.
IT-Sicherheit muss sich seiner Ansicht nach daher "vertikal und
horizontal" in allen Gesellschaftslagen wieder finden. Seine
Vereinigung selbst habe die Vision, "IT-Sicherheit in allen Produkten
zu etablieren" und so "besonderen Verantwortung der Hersteller
nachzukommen.

Zugleich müsse über eine Stärkung der Medienkompetenz der Nutzer ein
"gesundes Misstrauen vor den dunklen Ecken des Internet bei den
Anwendern" geweckt werden, forderte Berchtold. Erforderlich sei zudem
ein EU-weites Frühwarnsystem[6] für Bedrohungen, damit genügend
Reaktionszeit bestehe, um "feindliche Angriffe abzuwehren" oder
angemessen darauf zu reagieren. Es sei aber auch darauf achten, dass
die freie Nutzung des Internet nicht durch überbordende rechtliche
Rahmenbedingungen eingeschränkt werde. Der Bitkom hat sich etwa gegen
die Legalisierung heimlicher Online-Durchsuchungen ausgesprochen[7], da
diese Form der Netzbespitzelung das Vertrauen der Nutzer in die
Informationstechnik beeinträchtigen könnte. (Stefan Krempl) /
 (jk[8]/c't)

Links in diesem Artikel:
[1] http://www.eu2007.bmi.bund.de/cln_012/nn_1034550/Internet/Content/Themen/EuropaInternationales/Veranstaltungen/Innovation__und__Verantwortung__de.html
  [2] http://www.heise.de/newsticker/meldung/62945
  [3] http://www.heise.de/newsticker/meldung/83255
  [4] http://www.enisa.eu.int/
  [5] http://www.bitkom.org/
  [6] http://www.heise.de/newsticker/meldung/88541
  [7] http://www.heise.de/newsticker/meldung/90560
  [8] mailto:jk -!
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