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[infowar.de] CIA will Dokumente über ihre illegalen Aktivitäten ins Web stellen
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/25/25568/1.html
Online-Geständnis oder PR?
Peter Mühlbauer 25.06.2007
Die CIA will Dokumente über ihre illegalen Aktivitäten ins Web stellen
Insgesamt 11.000 Seiten aus der Zeit zwischen 1953 und 1973 sollen
diese Woche der Allgemeinheit zugänglich (1) gemacht werden.
Der mit der größten Spannung erwartete Teil der Akten wurde angeblich
bereits Mitte der 1970er zusammengestellt. Die 693 Seiten, für die der
ehemalige CIA-Chef William Colby in seiner 1978 erschienenen
Autobiographie den Begriff "Familienjuwelen" geprägt hatte, sollen vor
allem Material zu Aktivitäten enthalten, die der CIA eigentlich
verboten waren. Zusammengestellt wurden die Dokumente im Zuge des
Watergate-Skandals in den Jahren 1973 und 74 von Colby und seinem
Vorgänger James Schlesinger. Colby entschloss sich aber eigenen Angaben
zufolge in Abstimmung mit dem damaligen Präsident Gerald Ford, sie
nicht zu veröffentlichen, weil sie der CIA "das Genick brechen" könnten.
Dem Justizministeriums sagte Colby 1974, dass die Zusammenstellung
unter anderem Material zur Entführung eines russischen Überläufers, zu
Abhöraktionen gegen kritische Journalisten, zur Bespitzelung von fast
10.000 amerikanischen Vietnamkriegsgegnern, zu Einbrüchen in die
Wohnungen ehemaliger CIA-Mitarbeiter, zu Verletzungen des
Postgeheimnisses von unter anderem Jane Fonda, zu unfreiwilligen und
heimlich durchgeführten "wissenschaftlichen" Experimenten mit
US-Bürgern und zu Plänen für Anschläge auf Fidel Castro, Patrice
Lumumba und Rafael Leónidas Trujillo enthalte. Seit Seymour Hershs
berühmten Artikel in der New York Times vom 22. Dezember 1974 beriefen
sich Journalisten immer wieder auf heimliche Einblicke in die Sammlung,
so dass die Veröffentlichung möglicherweise nur mehr wenig Neues
bringt.
PR-erfahrener Ex-Chef der NSA
Veranlasst hat die Freigabe der Dokumente Michael Hayden, der die CIA
seit gut einem Jahr führt und vorher Chef der National Security Agency
(NSA) war, wo er großen Aufwand auf Public Relations legte und sich
unter anderem öffentlich mit James Bamfords (2) "Body of Secrets"
auseinandersetzte. Der wiederum reagierte auf die Ankündigung Haydens
mit der Bemerkung, dass die Freigabe doch ein gutes Ablenkungsmanöver
sei, weil sie aktuelle CIA-Aktionen im Vergleich mit dem, was Haydens
Vorgänger alles planten und durchführten, weniger schlimm erscheinen
lassen könnte. Allerdings ist mittlerweile auch ohne die
"Familienjuwelen" gut belegt, dass die Aktionen der CIA vom Sturz der
demokratisch gewählten Regierungen Guatemalas (3) und Irans (4) im
Interesse von United Fruit und British Petroleum bis hin zur
Hochrüstung islamistischer Terroristen in Afghanistan und Pakistan (5)
reichten. Bamford wies außerdem darauf hin, dass die Freigabe des
Materials nach dem Freedom of Information Act lediglich eine
Selbstverständlichkeit sei, für die man Hayden nicht extra belobigen
müsse: "If somebody obeys the law, you shouldn't get a medal for it.
It's part of his job" sagte er der New York Times (6).
Hayden selbst bezeichnete die Offenlegung der Dokumente als Gelegenheit
für einen Blick in eine "ganz andere Zeit" mit einer "ganz anderen
CIA." Ihm zufolge werden die Dokumente jetzt veröffentlicht, um
Vertrauen aufzubauen und um Mythenbildung entgegenzutreten. Sonst, so
der CIA-Direktor, würde "Desinformation" das "Informationsvakuum"
füllen. Als Beispiel für solch einen "Vakuumeffekt" nannte er letzte
Woche auf einem Treffen der Society for Historians of American Foreign
Relations (7) den Bericht des Europaparlaments über die geheimen
CIA-Flüge. Laut Hayden seien seit 2001 "weniger als 100 Personen" im
Rahmen des "secret overseas detention program" befragt worden,
teilweise auch unter Einsatz von "harsh physical treatment". Das aber
habe wertvolle Informationen in Form von insgesamt 8000 "intelligence
reports" gebracht, die geholfen hätten, Terroranschläge zu verhindern.
Zusätzlich zu den "Familienjuwelen" sollen noch 11.000 Seiten
Archivmaterial aus der Zeit der Systemkonkurrenz online gestellt
werden. Aus Anlass der CIA-Freigabeankündigung stellte auch das
National Security Archive (8) an der George Washington University neue
Daten ins Netz. Aus heutiger Sicht besonders interessant sind
Protokolle von Besprechungen, in denen Henry Kissinger dem damaligen
Präsidenten Gerald Ford von näheren Untersuchungen über die Aktivitäten
der CIA abrät, indem er die Anschuldigungen gegen die Organisation mit
denen Joseph McCarthys aus den 1950er Jahre vergleicht. Untersuchungen,
so Kissinger, würden CIA-Mitarbeiter einschüchtern und dann stünde man
letztendlich mit einer CIA da, die nur noch informiert und nichts mehr
"durchführt."
LINKS
(1) http://www.foia.cia.gov/
(2) http://www.heise.de/tp/r4/artikel/9/9581/1.html
(3) http://www.foia.cia.gov/guatemala.asp
(4) http://www.zeit.de/2003/34/A-Mossaedgh
(5) http://www.globalresearch.ca/articles/BRZ110A.html
(6)
http://www.nytimes.com/2007/06/23/washington/23hayden.html?n=Top%2fRefer
ence%2fTimes%20Topics%2fOrganizations%2fC%2fCentral%20Intelligence%20Age
ncy%20&_r=1&adxnnl=1&oref=slogin&adxnnlx=1182694706-KeNaBZ6Q7PksaX6BZu6r
hg
(7) http://www.shafr.org/
(8) http://www.gwu.edu/~nsarchiv/NSAEBB/NSAEBB222/index.htm
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