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[infowar.de] TELEPOLIS: Rüstet Castro für einen Cyberwar gegen die USA?
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Rüstet Castro für einen Cyberwar gegen die USA?
Florian Rötzer 07.07.2001
Amerikanische Cyberwar-Szenarien schalten von einzelnen Terroristen
auf Staaten um
Nachdem die jahrelangen Warnungen vor den Hackern oder Terroristen,
die irgendwo auf der Welt, ausgestattet nur mit einem Computer mit
Internetanschluss, einen Angriff mit katastrophalen Folgen auf die
nationale Infrastruktur der Vereinigen Staaten führt, wegen fehlender
Belege auch von den hartgesottenstens Aufrüstern nicht mehr vertreten
werden kann, haben US-Militärs nun eine Wende vollzogen. Die Wende
könnte man allerdings auch wieder als Rückkehr in die alten Feindbilder
begreifen: Als bedrohlich werden in den nächsten Jahren nur die
potenziellen, aber natürlich geheimen Rüstungsanstrengungen von Staaten
im Bereich der Informationswaffen begriffen. Ausgemacht wurde neben den
alten Feinden Russland und China unter anderem auch Cuba.
Ein wenig ähnlich wie die aufgebauschten Cyberwar-Szenarien, die
vornehmlich nach dem Ende des Kalten Kriegs mit dem Auseinanderfallen
der Sowjetunion ausgebrütet wurden, um den sinkenden
Verteidigungshaushalten etwas entgegen zu setzen und vor allem den
teuren Geheimdiensten neue Aufgaben zuzuweisen, war der Fall mit dem
Jahr-2000-Fehler. Die von vielen gepflegten apokalyptischen
Möglichkeiten haben sich als ähnlicher Stoff wie die religiösen
Weltuntergangsszenarien erwiesen. Wirklich aufgearbeitet wurden die in
den Jahrtausendwechsel Bedrohungsenergien und -interessen bislang noch
nicht.
Wahrscheinlich war die Bedrohung aus dem Cyberspace für die
US-Politiker nur deshalb so schlimm oder so gut ausbeutbar, weil
plötzlich ihr Land, ähnlich wie bei den Langstreckenraketen und der aus
dieser Bedrohung folgenden Intention, ein Nationales Abwehrschild zu
bauen, die geografische Lage keinen Schutz mehr zu gewähren schien.
Vermischt mit dem Umschalten von feindlichen Staaten auf Terroristen,
von normalen Kriegen auf Anschläge, wurden auch die Grenzen löchrig und
musste die Strategie der Gefahrenabwehr umgestellt werden.
In seinem Bericht über die Cyberbedrohungen der Wirtschaft vor dem
Joint Economy Committee [0] des US-Kongresses machte Lawrence Gershwin
vom National Intelligence Council [1] des CIA, das Umschwenken
deutlich. Zwar würden Cyberangriffe immer mehr, seit September letzten
Jahres hätten Entstellungen (defacements) von Websites sich
verzehnfacht, aber Ängste, dass "Netzwerke, von denen die nationale
Sicherheit und die Wirtschaft abhängen, von Angriffen beeinträchtigt
werden könnten, die von fast jedem mit einem Computer und einem Modem
ausgeführt ausgehen", bezeichnete der Geheimdienstoffizier als
überzogen. Dabei spielte er auf das kürzlich erfolgte Eindringen von
Crackern in ungeschützte Rechner bei der Organisation an, die für
Kalifornien den Strom verteilt.
Auch kein anderes Land könne der USA in Bezug auf die
Informationstechnik konkurrieren, was aber gerade die Situation, soweit
das alte Argument, gerade gefährlich macht, denn wer stärker von der IT
abhängt, ist hier im Prinzip auch stärker gefährdet. Da aber trotz der
steigenden Vernetzung und der Verbreitung immer besserer Hackersoftware
im Internet wichtige Netzwerke gut geschützte seien, sei großes Wissen
nötig, um hier wirklich Gefährliches anstellen zu können: "Auch wenn
die meisten und bekanntesten Cybereinbrüche und andere Vorfälle
einsamen Computer hackenden Amateuren zugeschrieben werden, stellen
solche Hacker eine vernachlässigenswertes Risiko für einen großen und
lange andauernden Schaden der nationalen Infrastrukturen dar." Die
Hacker haben das notwendige Wissen nicht. Auch die politisch
motivierten Hacktivisten werden nur als mittlere Bedrohung bezeichnet,
da sie eher "zur Propaganda neigen als zur Schädigung der kritischen
Infrastrukturen". Selbst Cracker, die im Auftrag von Unternehmen
Wirtschaftsspionage betreiben, oder das Organisierte Verbrechen stellen
nur ein mittleres Risiko dar. Da sie eher heimlich vorgehen, werden sie
auch der Infrastruktur nicht in auffälliger Weise stören wollen, es sei
denn, sie wollen Polizeicomputer lahmlegen oder durch Drohung mit
Angriffen Geld erpressen.
Terroristen hingegen seien bislang informationstechnisch nicht auf dem
neuesten Stand und würden auch zu anderen Mitteln neigen - nach der
Devise: "Bomben sind noch immer besser als Bytes". Übrig bleiben also
nur Staaten, die einen Angriff mit dem ganzen Spektrum verfügbarer
Informationswaffen von der Propaganda über Spionage oder Störungen bis
hin zur Zerstörung der Infrastruktur ausführen können: "Für die
nächsten 5 bis 10 Jahre scheinen nur Nationalstaaten die Disziplin, die
Motivation und die Ressourcen zu haben, die Möglichkeiten zum Abgriff
auf die kritische Infrastrukturen voll zu entwickeln."
Gershwin griff dann noch ein bisschen in die Wunderkiste der Zukunft.
Schon entwickelt würden zum Angriff und zur Verteidigung intelligente
Agenten, die autonom durch das Netz wandern und Daten sammeln oder
Netzwerke stören können. Viren und Würmer werden genauer und besser
steuerbar, wodurch sie wirklich zu Waffen entwickelt werden können.
Auch Dos-Angriffe sollen weiterhin drohen, ansonsten könne man kaum
voraussehen, was die technische Innovation noch mit sich bringen werde.
Gleichwohl wollte Gershwin natürlich nicht zu viel Sicherheit
vermitteln und griff am Schluss auf einen anderen CIA-Bericht zurück,
der die Gefährdung wieder hochspielt. Und weil die vernetzte
Gesellschaft die USA für Feinde aus aller Welt öffnet, müsse man auch
die nationale Sicherheit breiter als bisher verstehen, nämlich als
"globale Sicherheit".
Russland, China - und Cuba?
Gershwin verwies lediglich auf Russland und China, die neben den USA
Informationswaffen entwickeln würden. Im Februar aber hatte ein hoher
Offizier der Navy dem Senate Intelligence Committee einen neuen alten
Feind angeboten: Fidel Castros Armee, so Admiral Tom Wilson, könne
"einen Informationskrieg oder einen Angriff auf ein Computernetz
auslösen", der für das Militär gefährlich werde. Erstaunt fragte
daraufhin der Vorsitzende des Ausschusses, ob Cuba wirklich eine
ernsthafte Bedrohung darstellen würde, worauf Wilson antwortete: "Es
gibt sicherlich das Potenzial für sie, diese Taktiken gegen unsere
moderne und überlegene Armee einzusetzen." Danach fand die weitere
Sitzung hinter verschlossenen Türen statt. Meist wurde die Bemerkung
des Admirals mit Erstaunen oder Ironie aufgenommen, dass nun
ausgerechnet Cuba die USA mit einem Cyberangriff bedrohen könnte.
Die Wunderformel für das Herbeireden von Gefährdungen war wieder
einmal die Rede von der "asymmetrischen" Gefährdung. Die lautet im
Wesentlichen so: Gerade weil wir militärisch so überlegen sind, sind
wir durch Angriffe nicht-militärischer Art gefährdet, da die Gegner
einer direkten Konfrontation ausweichen. Daher müssen wir zwar die
Überlegenheit bei der konventionellen Kriegsführung sichern, aber
gleichzeitig auch das neue Kampffeld dominieren. Die asymmetrische
Bedrohung ist also ein guter Nachfolger für die Beibehaltung und
Ausdehnung des Rüstungswettlaufs aus den Zeiten des Kalten Krieges,
auch und gerade wenn kein wirklich bedrohlicher Gegner vorhanden ist.
Das könnte man auch eine virtuelle Strategie für den virtuellen Krieg
nennen.
Cuba freilich hat noch nicht einmal ein modernes Telefonsystem.
Computer sind rar im Land. 1996 ging man erst ins Internet. Die
Internetnutzung ist noch marginal (zudem "gut" kontrolliert). 1998
wurde erst ein Informationsministerium gegründet, das dafür Sorge
tragen soll, dass Computer und Internet landesweit und besonders in den
Schulen eingeführt wird. Aber die Bedrohungen, die ins Feld geführt
werden, sind Moden unterworfen. 1998 legte der damalige
Verteidigungsminister William Cohen dem Kongress eine Bewertung der
Geheimdienste von Cubas Militär vor. Man sei besorgt, dass im Land
biologische Waffen entwickelt würden, hieß es damals, ansonsten wären
die militärischen Kapazitäten begrenzt: "Cuba stellt keine wirkliche
militärische Bedrohung für die USA oder andere Länder der Region dar."
Castro selbst griff unlängst auf einer Rede zum Ende des Programms zur
Elektrifizierung der Schulen die Spekulation auf, wie Ciberpais [2]
berichtet, und meinte, dass man nirgendwo in Cuba Viren entwickle oder
Cyberangriffe ausarbeite: "Das ist eine Lüge." Castro forderte Wyden
auf, doch nach Cuba zu kommen und sich selbst davon zu überzeugen. Die
Beschuldigungen seien "billige Propaganda", was man wahrscheinlich
annehmen kann, auch wenn sie Castro darauf zurückführt, dass sie aus
dem Neid stammen, nach 42 Jahren die Revolution immer noch besiegt zu
haben. Wenn man Cuba als Gefahr für die USA darstelle, wolle man nur
Pläne gegen das Land rechtfertigen. Ob man allerdings deswegen auch
glauben soll, dass Cuba das Internet nur zur Information und
Kommunikation einsetze, darf man dann doch angesichts der zwar bereits
nicht mehr so strengen, aber weiterhin bestehenden Einschränkung der
Meinungsfreiheit bezweifeln.
Links
[0] http://www.house.gov/jec/
[1] http://www.cia.gov/ic/nic.html
[2] http://www.ciberpais.elpais.es/d/20010628/cibersoc/soc9.htm
Artikel-URL: http://www.telepolis.de/deutsch/special/info/9022/1.html
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