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[infowar.de] Bundeswehr-Ausbildung für Kriegsreporter



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http://www.bundeswehr.de/news/aktuelles/preview.php?id=651

Kriegsreporter: Ein Bundeswehr-Lehrgang für Journalisten lotet die
letzten Dinge aus

 Würzburg/Hammelburg, 2002-03-01 - Die Ausbildung von Journalisten für
den Kriegs- und Kriseneinsatz führt die Bundeswehr seit Jahren durch.
Diese Woche fand das erste Mal eine exklusive Zusammenarbeit mit ARD,
ZDF und Deutscher Welle statt. Eine Reportage.

 "Gefährlich ist nicht die Frontberichterstattung. Die gibt es gar nicht
mehr. Gefährlich wird es immer dann, wenn alles durcheinandergeht, wenn
der Mob unkontrolliert durch die Straßen zieht." Peter Miroschnikoff ist
Korrespondenten-Urgestein der ARD. Schon in Vietnam ist er gewesen, im
Jom-Kippur-Krieg auch, und eigentlich kennt er alle Tricks. Doch seit
ein paar Jahren ändern sich die Gefahren, denen Reporter in Kriegs- und
Krisengebieten ausgesetzt sehen. "Fernsehteams sind immer öfter das Ziel
der Aggression weil die Kriegsparteien ihre eigentlichen Gegner immer
weniger zu Gesicht bekommen, und weil Kriege immer stärker auch
Propagandakriege sind," sagt Miroschnikoff. Für die meisten der 26
Reporter, die unter seiner Leitung in der letzten Woche zusammen kamen,
sind dieses Gefahren beinahe Alltag. Kameraleute erzählen aus dem
 Bosnien-Krieg, Chefreporter geben ihre Anekdoten aus Tschetschenien und
Angola zum Besten. Und in Afghanistan waren auch viele schon. Und so
hängt ein bisschen Weltgeschichte in der Luft, als an den ersten beiden
Tagen viel diskutiert wird, über Tipps und Tricks, über Ethik und
Verantwortung, über Ausrüstung und Redaktionsfrust. Und weil die
Bundeswehr bei der Veranstaltung mit im Boot sitzt, geht es auch um die
Zusammenarbeit von Presse und Militär. 

 "Nur nicht vereinnahmen lassen"

 Die Bundeswehr betreibt schon seit einigen Jahren
Journalistenausbildung für Krisenregionen. Zusammen mit der Zentralen
Fortbildungseinrichtung der öffentlich-rechtlichen Sender hat man nun
das erste Mal einen Kurs exklusiv für ARD, ZDF und Deutsche Welle
angeboten. Die Sender zeigen Interesse, seit ihre Mitarbeiter öfter zum
Ziel der Gewalt werden. Und seitdem die Versicherungen Druck machen.
Dennoch schrecken die Medien vor einer Zusammenarbeit mit der Bundeswehr
oft noch zurück. "Die Bedenken der Journalisten sind uns gut bekannt,"
sagt Oberst Hans-Jürgen Folkerts vom VN-Ausbildungszentrum in
Hammelburg. "Bloß nicht zu nah ran an die Bundeswehr, nur nicht
vereinnahmen lassen." Folkerts und seine Leute haben Erfahrung darin,
den Journalisten ihre Ängste zu nehmen. Sie sind für den praktischen
Teil der Ausbildung zuständig, wo es um Minen, um Erste Hilfe, um Schutz
vor Geiselnahme geht. "Genug debattiert," sagt einer leise und grinst.
"Die müssen mal raus, an die frische Luft."

 Sterben für ein paar zappelige Bilder?

 Doch noch wird hitzig diskutiert. Friedhelm Brebeck ist da, auch er ein
Veteran. Drei Jahre hat er einst in Sarajevo ausgehalten und über den
Bosnienkrieg berichtet. Er wurde vor allem bekannt durch seine
einfühlsamen aber schonungslosen Berichte aus dem Grauen des
Kriegsalltags. Auch für ihn ist Frontberichterstattung passé. "Meist
stellt sich heraus, dass es sich nicht lohnt, für zwanzig Sekunden
vermeintlich dramatische Zappelbilder das Leben zu riskieren," sagt er,
und führt dann einen seiner Filme vor. Immer wieder ist es seine
Autorität, die zählt. Welches Material kann ich noch verwenden? Wie
widerstehe ich der Sensationslust? Kann man über Bilder von Leichen noch
einen Text legen? 

 Das ist das neue an diesem Programm. Neben der praktischen Einweisung
in Hammelburg gibt es viel Zeit, um tiefergehende Fragen zu erörtern.
Der Mix stimmt, die Nachfrage ist groß. "60 Journalisten sollen wir
dieses Jahr noch ausbilden. 84 weitere stehen auf der Warteliste. Wir
bekommen so langsam ein Kapazitätsproblem," sagt Oberstleutnant Heinrich
Lebek, der als Vertreter des Verteidigungsministeriums die Veranstaltung
koordiniert. Angesichts dessen, was geboten wird, ist das Interesse
 kein Wunder, so Lebek. "Der Minenpfad hat selbst die alten Hasen
beeindruckt." Und die Vorbehalte gegenüber den deutschen Soldaten
schwinden in der Regel schnell.

 Die Bundeswehr als guter Partner

 Auch kommerzielle Anbieter haben die Marktlücke für
Journalistenausbildung längst erkannt. Die britische Firma Centurion
 bietet für teures Geld ähnliche Kurse an, die BBC, amerikanische und
australische Stationen waren schon dort. Das Programm ist dem der
Bundeswehr sehr ähnlich. Dafür hat man in Hammelburg den Vorteil der
unmittelbaren Zusammenarbeit mit dem Militär. Diese ist nämlich später
auch im Einsatzgebiet wichtig. Nicht nur für die Journalisten geht es
dabei darum, die Arbeitsweise der anderen Seite kennen- und respektieren
zu lernen. Brebeck bescheinigt der Bundeswehr, an ihre Pressearbeit
 in den letzten Jahren hart gearbeitet zu haben. "Wenn ich daran denke,
wie das war, als die ersten Einheiten nach Sarajevo kamen, und wie das
jetzt läuft, dann hat es sich entschieden verbessert. Die Bundeswehr hat
sich als guter Partner erwiesen."

 Der Stress kommt - so oder so

 Stets auf der Hut zu sein, mit jeder Perfidie rechnen - an Mahnungen
fehlt es nicht bei diesem Lehrgang. Am Vormittag des vierten Tages
entlädt sich auf dem Übungsplatz dann plötzlich die Anspannung. "Es ist
doch nicht überall Gefahr, man kann doch nicht ständig den Kopf
einziehen," entfährt es einem jüngeren Teilnehmer. Das gedrängte
Programm des Schreckens, angereichert durch die Anekdoten der erfahrenen
Kollegen, zeigt erste Wirkung. Aus Sicht der Ausbilder nicht
unerwünscht.
 Wenn man den Leuten ein Gefühl vermitteln kann für den Stress, der mit
der Gefahr kommt, dann war man erfolgreich. Und die Stationsausbildung,
wo man unversehens zur Geisel werden kann, hat noch nicht einmal
begonnen...

 Zum Schluss nachdenklich

 Am Ende des fünften Tages haben die Teilnehmer schließlich ein
geballtes Programm hinter sich. Und man hat sich oft, ganz oft, mit den
letzten Dingen befasst, in Theorie und Praxis. Wahrscheinlich kann sich
jetzt jeder in heiklen Situationen besser schützen. Manch einer wird
sich beim nächsten Trip in die neueste Krise anders verhalten. Doch
vieles ist offen geblieben. Wann wird ein Journalist zu
Propagandazwecken ausgenutzt? Wann verändert seine Anwesenheit die
Situation so stark, dass
 er selbst zum Macher der Nachricht wird? Wann muss man seine
Neutralität aufgeben und eingreifen? Und wie? Die Diskutierfreude vom
Beginn hat sich gelegt. Wie immer, wenn Leute ausziehen, um Antworten zu
finden, kommen sie mit noch mehr Fragen zurück.

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