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[infowar.de] Spiegel: Pentagon will Exempel an Hacker statuieren



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  SPIEGEL ONLINE - 13. November 2002, 15:01
URL: http://www.spiegel.de/netzwelt/politik/0,1518,222612,00.html

Prozess
 
Wer das Pentagon hackt, hat ein Problem

In den USA warten zwei Prozesse und acht Klagen auf den arbeitslosen 
Londoner IT-Fachmann Gary M., der in 92 Fällen in US-Militärnetze 
eingebrochen sein soll. Staatsanwalt Paul McNulty will ein Exempel 
statuieren: Gary M. hat das US-Militär blamiert. Jetzt droht ihm die 
Quittung.

Staatsanwalt Paul McNulty: Botschaft an die Hacker 
<http://www.spiegel.de/netzwelt/politik/0,1518,grossbild-222950-222612,00.html> 

AP

Großbildansicht 
<http://www.spiegel.de/netzwelt/politik/0,1518,grossbild-222950-222612,00.html>Staatsanwalt 
Paul McNulty: Botschaft an die Hacker

Der Mann nennt sich Computerexperte, und das hat er wahrlich bewiesen. 
Vor den Schranken zweier US-Gerichte schimpft man ihn dagegen "Hacker" 
und "Cyberterrorist". Wohl nicht ganz ohne Grund: Der 36 Jahre alte Gary 
M. gilt als überführt, in 92 verschiedene Rechner von Nasa, Pentagon und 
anderen US-Regierungsstellen eingedrungen zu sein, dort Passworte 
gestohlen, Daten eingesehen und gelöscht zu haben. Gary M. bewies 
unbestritten ein gerütteltes Maß an krimineller Energie, obwohl nicht 
bekannt ist, ob er überhaupt persönlichen Nutzen aus seinen Cracks zog.

Peinlich für die US-Behörden: Gary M. trieb sich von Februar 2001 bis 
März 2002 augenscheinlich frei in ihren Netzwerken herum, ohne dass er 
zu stoppen gewesen wäre. Im Februar 2002 schließlich gelang ihm sein 
spektakulärster Coup: Gary M. hackte sich in das Militärnetzwerk des 
District Washington und brachte rund 2000 Rechner zum Absturz. 
Verursachter Schaden nach Schätzung des amerikanischen Militärs: 900.000 
Dollar.

Juristisches Exempel als Botschaft an die Hacker-Community?

Dafür, so scheint es, wollen die Geschädigten ihm nun umso grimmiger an 
die Wäsche: Schon, sagt US-Staatsanwalt Paul McNulty, arbeite seine 
Behörde mit der Abteilung Hightech-Kriminalität der britischen Polizei 
an Gary M.s Auslieferung.

Das allerdings wäre ein echtes Novum, das erste Auslieferungsbegehren 
der USA an einen anderen Staat wegen eines Datenverbrechens. Noch nicht 
einmal der "Lovebug"-Verbreiter Guzman war den US-Behörden einen 
Auslieferungsantrag wert, trotz eines durch ihn verursachten Schadens, 
der angeblich Milliardenhöhe erreichte. Doch nach dem 11. September 2001 
hat sich das Klima in den USA für Cracker wie Hacker deutlich 
verschlechtert: Die Bush-Regierung arbeitet an der generellen 
Kriminalisierung des Hackens.

Hack ist nicht Crack, doch den Behörden ist das einerlei

Versuche der Hacking-Community, auf den grundsätzlichen Unterschied 
zwischen (kostruktivem) Hacken und (destruktivem) Cracken hinzuweisen, 
verpuffen wirkungslos. Allerdings läuft derzeit die Diskussion darüber, 
Hacker, die durch ihre Aktionen auf Sicherheitsprobleme aufmerksam 
machen wollen, eventuell weniger hart zu bestrafen als Cracker, die nur 
Schaden verursachen wollen. Angriffe auf Regierungsserver sollen künftig 
grundsätzlich als terroristische Akte gewertet und entsprechend geahndet 
werden. Wie die US-Behörden den Fall Gary M. bewerten, dokumentieren sie 
allein schon durch eine Personalie: Bekannt wurde Staatsanwalt McNulty, 
weil er auch die Klage gegen den "amerikanischen Taliban" John Walker 
Lindh führte.

Noch sind die entsprechenden Gesetze nicht in Kraft, doch bereits jetzt 
könnte sich Gary M. mit einem drakonischen Strafmaß konfrontiert sehen. 
Acht Anklagen stehen gegen ihn, entsprechend könnte er achtmal 
verurteilt werden: Die beantragten Strafmaße für die Einzelvergehen 
variieren zwischen fünf und zehn Jahren. Im Höchstfall käme dabei eine 
wahrhaft lebenslängliche Strafe heraus - in Verbindung mit Geldbußen in 
Millionenhöhe. Staatsanwalt McNulty lässt wenig Zweifel daran, dass er 
vorhat, an Gary M. ein Exempel zu statuieren.

McNulty wörtlich: "Dieser Fall sollte Hackern eines klar machen: Man 
kann im Internet nicht anonym agieren. Wenn Ihr uns hackt, dann finden 
wir Euch. Wir werden Euch anklagen und hinter Gitter schicken." Noch ist 
Gary M. frei, und noch ist auch seine Schuld nicht bewiesen: 
Kommentieren will er die gegen ihn anhängigen Verfahren nicht.

Der Prozess könnte peinlich werden

Seine Verteidigung wird der vermeintliche Superhacker aber wohl auf eine 
ganze Reihe von für die US-Behörden hoch peinliche Fakten stützen: Aus 
Gary M.s Sicht waren die Cracks ein Kinderspiel. M. tat nicht mehr, als 
seit Jahren bekannte Sicherheitslücken in Windows NT und Windows 2000 
auszunutzen. Zu rund 65.000 Regierungsrechnern bekam er nur deshalb 
Zugang, weil es die Militärbehörden versäumt hatten, Sicherheitspatches 
auszuführen, die der Betriebssystem-Hersteller Microsoft teils schon 
seit zwei Jahren kostenlos anbot.

Einmal in den Netzwerken soll es für Gary M. kein großes Problem gewesen 
sein, Zugang zu den einzelnen Rechnern zu finden. Ansatzpunkt war für 
ihn angeblich die gezielte Suche nach einer Security-Todsünde: 
Zahlreiche PC-Nutzer in Nasa, Pentagon und anderen Behörden hatten es 
demnach versäumt, ihre Rechner und Netzwerk-Accounts mit einem 
individuellen Passwort zu schützen. Zu viele von ihnen ließen einfach 
das stehen, was das System als Default-Passwort vorgab. So wurde ein 
Allerweltsbegriff zum Standard-Passwort, das Gary M. die freie Bewegung 
in den Systemen erst ermöglicht haben soll.

Das ultimative Passwort in Amerikas Militärnetzwerken hieß demnach 
"Password".


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