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[infowar.de] Medienkrieg à la Rumsfeld in Indonesien



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taz Nr. 7066 vom 30.5.2003, Seite 18

Medienkrieg à la Rumsfeld

Indonesiens Militär kopiert beim Krieg in Aceh die im Irak angewandte
US-Medienstrategie des "Embedding" von Reportern in Truppen. Für
Indonesien ein Fortschritt, doch Bedenken bleiben

von SVEN HANSEN

"Indonesiens Streitkräfte haben während des Irakkriegs zu viel Fernsehen
geschaut", sagt der Chefredakteur von Jakartas Abendzeitung Suara
Pembaruan, Bondan Winarno. Und deshalb werde die unter
US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld für den Irakkrieg entwickelte
Medienstrategie jetzt von Indonesiens Armee bei ihrer Offensive in der
abtrünnigen Provinz Aceh kopiert. Im Irak waren über 600 Reporter bei
den US-Truppen "eingebettet", jetzt sind es 54 Journalisten, die
Jakartas Armee im Kampf gegen die "Bewegung Freies Aceh" (GAM)
begleiten.

Das "Einbetten" bei kämpfenden Truppen und damit eine Berichterstattung
aus deren Perspektive habe in den USA den Patriotismus bestärkt, meint
Endy Bayuni, stellvertretender Chefredakteur der Jakarta Post. Dies
wolle Indonesiens Militär jetzt auch erreichen. Doch während das
Pentagon auch ausländische Reporter bei seinen Truppen einquartierte,
nimmt Indonesiens Militär nur einheimische. Denn die sind zum einen
leichter zu kontrollieren, zum anderen soll dies eine
Internationalisierung des Konflikts verhindern, den Jakarta weiterhin
als interne Angelegenheit bezeichnet.

Die Reporter wurden vom Militär in einem viertägigen Sicherheitstraining
in Westjava auf ihren Einsatz mit den Soldaten in der Provinz Aceh
vorbereitet. Die rohstoffreiche Region im Norden Sumatras hat 4,5
Millionen Einwohner und ist so groß wie Bayern. Seit 1976 hat der
separatistische Konflikt dort rund 12.000 Tote gefordert.

Suara Pembaruan und die Jakarta Post haben jeweils zwei Reporter bei den
Truppen "eingebettet" und tauschen diese nach einiger Zeit aus, was im
Irakkrieg nicht möglich war. Laut Bayuni müssten die Reporter der
Jakarta Post Uniformen der Armee tragen, worauf diese trotz eines
Protestes des Journalistenverbandes AJI bestanden habe. Doch Winarno
sagt, dass seine Reporter die Uniformen erfolgreich verweigert hätten,
weil sie sonst für Soldaten gehalten werden könnten. Suara Pembaruan hat
darüber hinaus zwei weitere Reporter und die Jakarta Post einen in Aceh,
die nicht bei den Truppen sind und so unabhängiger über die
Zivilbevölkerung und die GAM berichten können. 

Aus Aceh berichten auch ausländische Korrespondenten, die sonst in
Jakarta sind. "Es war kein Problem, nach Aceh zu kommen und mich hier
beim Militär zu akkreditieren", sagt ein Korrespondent, der anynom
bleiben will. "Doch wir werden sorgfältig beobachtet, und es sieht so
aus, dass uns bald gesagt wird, hier sei es für uns zu gefährlich, und
wir deshalb die Provinz wohl bald verlassen müssen." Da es in diesem
Guerillakrieg keine militärische Frontlinie gebe, würden die nicht
einbetteten Korresponden von Orten berichten, wo es zuvor Kämpfe gab,
und dann mit Augenzeugen sprechen. Das Kriegsrecht in Aceh erlaubt dem
Militär, Berichte zu zensieren und Reporter auszuweisen.

"Der Vorteil der Einbettung ist, dass Journalisten aus größerer Nähe
berichten können", meint Chefredakteur Winarno. "Der Nachteil ist, dass
sie sich verpflichtet fühlen könnten, die Armee in ihren Berichten zu
bevorteilen." Die Reporter sähen nur die Seite der Truppen, meint
Bayuni. Dieses Problem trat schon im Irakkrieg auf und entspricht genau
der Strategie des Pentagons und des indonesischen Militärs.

Die von der taz befragten Journalisten bewerten das "Embedding" bei
Indonesiens Armee dennoch als Fortschritt. Denn während der Zeit des
Diktators Suharto war es kaum möglich, über die Konflikte in Osttimor,
Aceh und Westpapua von vor Ort zu berichten. "Die Regierung ist bemüht,
bei dieser Offensive medial gut rüberzukommen", sagt der ausländische
Korrespondent. "Man hat aus früheren Konflikten gelernt, wie Medien
arbeiten, aber es gibt immer noch viele, die das nicht verstehen."

Nach Suhartos Sturz vor fünf Jahren konnten Indonesiens Medien die
frühere Gängelung abschütteln. Einst verbotene Medien wie zum Beispiel
das Nachrichtenmagazin Tempo erscheinen wieder. Doch versuchen Militärs
und konservative Politiker immer wieder, Medien einzuschüchtern. So
kündigte der Militärsprecher General Sjafrie Sjamsoeddin am Mittwoch in
Jakarta an, die Tageszeitung Koran Tempo zu verklagen, weil diese über
die Erschießung von zehn Zivilisten in Aceh durch das Militär berichtet
habe. Laut Sjamsoeddin seien dies keine Zivilisten gewesen, sondern
Informanten der GAM, die nicht auf Warnschüsse reagiert hätten. 

Kommunikationsminister Sayamsul Muarif forderte die Medien auf, stärker
das gesamte Vorgehen der Regierung in Aceh einschließlich der
humanitären Hilfe für die Region zu berücksichtigen. Denn nach Meinung
mehrerer Generäle ist die mediale Grundregel von der Recherche auf
beiden Seiten außer Kraft gesetzt. Armeechef Endriartono Sutarto:
"Zitieren sie nicht GAMs Agitation. Sie könnte die Menschen verwirren,
was die Wahrheit ist."

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