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[infowar.de] Irak: Al-Dschasira und Al Arabia vor Arbeitsverbot
Infowar.de, http://userpage.fu-berlin.de/~bendrath/liste.html
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http://www.telepolis.de/deutsch/special/irak/17214/1.html
"Falsche Berichterstattung wird in diesem Land nicht erlaubt"
Alfred Hackensberger 17.04.2004
Die arabischen Sender Al-Dschasira und Al-Arabia sind erneut ins Visier
des US-Militärs geraten
Erst vor wenigen Monaten hat die US-Regierung ihren 62 Millionen
teueren Satelliten -TV-Sender Al Hurra [1] lanciert ( Saudischer
Richter will das Anschauen des neuen US-Senders al-Hurra
verhindern [2]). Er sollte ein Gegengewicht zur "hasserfüllten
Propaganda" liefern, die, laut George W. Bush, "in der muslimischen
Welt den Äther füllt". Aber die amerikanische Medienoffensive ist bei
weitem noch nicht aufgegangen. Ob bin Laden Statements, Geiselnahmen
oder Kampfhandlungen im Irak, die beiden arabischen Sender,
Al-Dschasira [3] und Al Arabia, berichten zuerst und exklusiv.
Westliche Medien, inklusive CNN oder BBC World, spielen nur mehr die
"zweite Geige".
Im Irak stehen nun Al-Dschasira und Al Arabia vor einem Arbeitsverbot,
wenn sie mit ihrer "unkritischen Berichterstattung" weiter machten wie
bisher, hatte ein Sprecher des "Iraqi Goverment Council" vor wenigen
Tagen angekündigt [4]: ">"Falsche Berichterstattung wird in diesem
Land nicht erlaubt."
I can definitively say that what Al-Jazeera is doing is vicious,
inaccurate and inexcusable.
US-Verteidigungsminister Rumsfeld [5]
Hintergrund [6] dieser Drohung sind die nicht gerade imageträchtigen
Bilder, die Al-Dschasira und Al Arabia in Falluja bei der
US-Strafaktion für die vier dort getöteten "zivilen Amerikaner"
einfingen ( Krieg in den Städten [7]). Gezeigt wurde nicht nur der
Ärger und der Zorn der Bevölkerung über den Angriff der US-Truppen auf
die Stadt, sondern auch dessen tödlichen Auswirkungen auf die
Zivilbevölkerung. Man sah aufgereihte Leichen auf den Strassen, in
Häusern liegen, die Reporter interviewten Verwundete in Krankenhäusern
und sprachen mit den behandelnden Ärzten. Viele ihrer Patienten waren
Frauen und Kinder. Bewohner zeigten ihre von Kugeln durchsiebten
Wohnungen, Zeugen schilderten, wie Granaten einschlugen und sprachen
von amerikanischem "Streufeuer" auf Zivilisten.
It is always interesting to me how Al-Jazeera manages to be at the
scene of the crime whenever a hostage shows up or some other problem
happens to be there. So they are -- they have not been truthful in
their reporting, they haven't been accurate, and it is absolutely clear
that American forces are doing their very best to protect civilians and
at the same time get at the military targets there.
General Abizaid [8]
US-Soldaten mit gefangenem "Terroristen" in Falludscha. Foto: Pentagon
"Kollalateralschäden" sind nicht sehr publikumsträchtig, gerade nicht
für einen US-Präsidenten, der im Wahlkampf steht. Auf Al-Dschasira und
Al Arabia waren auch immer wieder tote US-Soldaten zu sehen, was den
präsidialen Presseberatern besonders gegen den Strich geht. Allerdings
bleibt in Meinungsumfragen die Zustimmung zur Irak-Politik von Bush
George W. Bush noch immer relativ konstant. 57 Prozent der Amerikaner
sollen nach einer aktuellen Pew-Umfrage [9] sein Vorgehen im Irak noch
unterstützen. Letzten Januar waren es noch 65 %. Allerdings sagen
bereits 44 Prozent, dass Bush die US-Truppen aus dem Irak abziehen
soll. Einen "klaren Plan" der Irak-Politik vermögen nur noch 32 Prozent
zu erkennen.
Zerstörtes Haus in Falludscha. Foto: Al-Dschasira
Auf einer Pressekonferenz in Bagdad meinte [10] General John Abizaid,
dass "die arabische Presse, insbesondere Al-Dschasira und Al Arabia,
die US-Truppen so darstellten, als ob sie es absichtlich auf Zivilisten
abgesehen hätten". Der militärische Sprecher der
Koalitionsstreitkräfte, Brigadegeneral Mark Kimmit sprach von einer
"verfälschenden Propaganda" der beiden Sender. Außerdem wäre es doch
schon sehr seltsam, dass Al-Dschasira von den Geiselnahmen zuerst
erführe und immer im richtigen Moment vor Ort sei. Da müsse es doch
eine Verbindung zu den Entführern geben. Die Bilder wagemutiger,
vermummter Kämpfer, die Geiseln bedrohen, sieht man nicht gern. Sie
sind ein Beweis für die Hilflosigkeit und den misslungenen Versuch der
US-Streitkräfte, "Law and Order" im Irak herzustellen.
Direkte Verbindungen zu Geiselnehmern seien völlig absurd, erklärte
Ahmad al Sheik, der Chefredakteur vom Sender Al-Dschasira, der in
Bagdad ein Büro mit 80 Mitarbeitern unterhält und in jeder irakischen
Stadt mit einem Korrespondenten vertreten ist. "Der Kontakt zu den
Kidnappern ist immer über oft mehrere Mittelsmänner gelaufen", sagte
der Al-Dschasira-Chef auf CNN. "Die Leute trauen uns einfach. Außerdem
haben wir die gleiche Sprache und brauchen keine arabischen
Übersetzer." Al-Dschasira würde einfach die Wahrheit zeigen, wie sie
eben ist, sagte Ahmad al Sheik zum Schluss. Man werde in jedem Falle so
weiter machen wie bisher. Egal, wem das passt oder nicht.
Ein Verbot wäre nichts Neues für den Sender aus Katar. Während der
laufenden US-Invasion des Iraks vor einem Jahr war Al-Dschasira vom
Hussein-Regime noch die Arbeitsgenehmigung entzogen worden. Nun droht
nicht das erste Mal das selbe Spiel mit dem US-Militär ( Medienkrieg
im Irak [11]), dem der Sender schon seit langem ein Dorn im Auge ist (
Fallen der Propaganda [12]). Während der Bombardierung von Afghanistan
hatte sich zuerst Colin Powell, dann Dr. Rice höchstpersönlich beim
Emir in Katar über die "unausgeglichene Berichterstattung" beschwert (
Sex, Religion und Politik [13]). Als das nichts half, fiel zufällig
eine Bombe aufs Büro des Senders in Kabul. Wie durch ein Wunder wurde
niemand verletzt oder getötet. Ein Jahr später allerdings musste ein
Kameramann sterben, als bei einem US-Luftangriff das Büro von
Al-Dschasira getroffen wurde ( Bombenzensur oder
"Kollateralschaden"? [14]). Zur gleichen Zeit hatte auch ein US-Panzer
das Palästina Hotel beschossen, in dem die westlichen Pressevertreter
untergebracht waren und einen spanischen und ukrainischen Journalisten
getötet. ( Beseitigung und Einschüchterung der Augen der
Weltöffentlichlichkeit [15])
In diesen Tagen verlassen nicht nur zivile Helfer und Arbeiter die
irakische Hauptstadt angesichts der "prekären Sicherheitslage". Auch
immer mehr Journalisten entschließen sich, den Krieg hinter sich zu
lassen. Die wenigen, die bleiben, verlassen kaum das Hotelareal, aus
Angst vor Entführung und Übergriffen. Ein Verbot von Al-Dschasira und
Al-Arabia käme dem US-Militär ganz Recht. Die verbliebenen
Journalisten, möglichst aus den Koalitionsländern, stehen unter ihrem
besonderen Schutz.
Links
[1] http://www.alhurra.com/
[2] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/ost/16924/1.html
[3] http://www.aljazeera.net/
[4]
http://www.jpost.com/servlet/Satellite?pagename=JPost/JPArticle/ShowFull
&cid=1081748012305&p=1078397702269
[5]
http://www.defenselink.mil/transcripts/2004/tr20040415-secdef0622.html
[6] http://www.cnn.com/2004/WORLD/meast/04/13/coalition.news/
[7] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/irak/17159/1.html
[8] http://www.cpa-iraq.org/transcripts/20040412_abizaid_sanchez.html
[9] http://people-press.org/reports/display.php3?ReportID=210
[10] http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/articles/A10108-2004Apr14.html
[11] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/irak/16177/1.html
[12] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/irak/14485/1.html
[13] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/9740/1.html
[14] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/irak/14562/1.html
[15] http://www.heise.de/tp/deutsch/special/irak/14570/1.html
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