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[infowar.de] Helmut Ujen - Deutschlands Chef-Fahnder im weltweiten Netz



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Süddeutsche Zeitung, 10 August 2004

Helmut Ujen 
Deutschlands Chef-Fahnder im weltweiten Netz

PROFIL

Es liegt an Helmut Ujens speziellen Begabungen, dass er hinter guten
Nachrichten nicht selten die schlechten sieht. Dass zum Beispiel dieser
Tage in Großbritannien eine Reihe militanter Islamisten ausgehoben
wurde, ist gewiss eine gute Nachricht. Die schlechte ist, dass es sich
bei einem dieser Männer um einen Computerspezialisten handelt. Und schon
ist Ujens berufsbedingter Albtraum ein Stück näher Richtung Wirklichkeit
gerückt: dass Terroristen die schier grenzenlosen Möglichkeiten der
virtuellen Welt intensiver nutzen, dass sie Hightech als Waffe verstehen
und gegen ihre Urheber einsetzen, die hochvernetzten Gesellschaften des
Westens. "Wir müssen mit ernsthaften Angriffen auf die kritischen
Infrastrukturen rechnen, und wir müssen darauf besser vorbereitet sein",
sagt Ujen. Sein Job ist es unter anderem, eben diese Angriffe zu
verhindern.

Der Kriminaldirektor Helmut Ujen sieht nicht so aus, wie man sich
landläufig einen Kripomann vorstellt; er erinnert eher an einen
freundlichen Oberstudienrat am Gymnasium. Aber der 44-Jährige ist der
Chef einer erst zwei Jahre alten und schon jetzt etwas geheimnisvollen
Einheit des Bundeskriminalamtes (BKA), der TeSIT. Deren voller, im
schönsten Polizeideutsch formulierter Name heißt "Technisches
Servicezentrum für Informations- und Kommunikationstechnologien" und
verrät kaum, was Ujens Aufgabe ist: Jäger im weltweiten Netz zu sein,
Kinderporno-Ringe aufzuspüren und Drogendeals im Internet, scheinbar
gelöschte Daten von Kriminellen und Extremisten zu rekonstruieren,
unerkannt in kriminellen Chat-Rooms dabei zu sein und eben ein wachsames
Auge auf die verwundbaren Stellen der Informationstechnologien zu haben
- die Steuerungssysteme von Stromerzeugern, Wasserversorgungen,
Verkehrssystemen zum Beispiel: "Vielen ist noch nicht bewusst, das die
kleine Datenleitung, die in einen Hochsicherheitsbereich hineinführt,
das gefährlichste Einfallstor sein kann."

In jüngster Zeit hat Ujens TeSIT einige spektakuläre Erfolge erzielt:
Sie hat den "Kannibalen von Rotenburg" enttarnt und mehrere
Internet-Händlerringe für Kinderpornographie zerschlagen. Ujen stieß als
ganz junger Mann, mit 19 Jahren, zum BKA. Er hat die alten Zeiten noch
gesehen, als sich die Verbrecher, die mit Kinderpornos handeln, noch
schlecht getarnt auf Flohmärkten trafen, "bei denen wir Schränke voller
Videos und Super-8-Filme fanden", wie Ujen erzählt, "aber heute nutzt
diese Szene vor allem das Internet".

Bei all dem, was er dort zu sehen bekommt, hat er das Erschrecken über
die Grausamkeiten, zu denen Menschen fähig sind, nicht verloren.
Immerhin, seit er den Urhebern dieser Taten auf den Fersen ist und es
viele Festnahmen und Verurteilungen gab, ist vor allem die
Kinderporno-Szene verunsichert worden. 16 seiner 60 Mitarbeiter machen
nichts anderes als, wie Ujen gern sagt, ständig im Netz auf Streife zu
gehen. Das ist dennoch nicht viel angesichts von

Millionen Webseiten und E-Mails, aber genug, sagt Ujen, "um eine
Botschaft zu vermitteln: Das Internet ist kein rechtsfreier Raum."

Joachim Käppner

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