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[infowar.de] Cybercrime-Konvention des Europarats kommt voran



Infowar.de, http://userpage.fu-berlin.de/~bendrath/liste.html
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http://www.heise.de/newsticker/meldung/51180

17.09.2004 09:53

Cybercrime-Konvention des Europarats kommt voran

Erst acht der insgesamt 45 Unterzeichnerstaaten haben bis jetzt die
Cybercrime-Konvention des Europarates[1] ratifiziert. Grund genug für
den Europarat[2] in Straßburg, bei einem dreitägigen
Erfahrungsaustausch zwischen Regierungsvertretern, Vertretern der
Strafverfolgungsbehörden, Selbstregulierungsorganisationen und
Rechtswissenschaftlern die Werbetrommel zu rühren. Die
Konferenzorganisatoren wollten zudem bei einem Empfang Gelegenheit zur
Ratifizierung oder Neuunterzeichnung der im November 2001 in Budapest
verabschiedeten Konvention[3] bieten. Doch weil die Ratifizierung durch
Mazedonien schon am Tag vorher über die Bühne gegangen war, blieb es
bei einer schlichten Party. Bislang haben Albanien, Estland, Kroatien,
Litauen, Rumänien, Ungarn, Slowenien und Mazedonien ihre Strafgesetze
angepasst.

Henrik Kaspersen, Rechtswissenschaftler aus Amsterdam und der Leiter
der Arbeitsgruppe, die die Konvention[4] ausgearbeitet hat, meinte
trotzdem: "Nein, die Ratifizierung ist gar nicht langsam." Anpassungen
an nationale Gesetze machten nur eben gerade bei manchen kleinen
Ländern, die wenige oder gar keine Vorschriften zum illegalen Zugang zu
Computern oder Kinderpornographie hatten, weniger Schwierigkeiten. In
vielen größeren Ländern dauere der gesetzgeberische Prozess seine Zeit
oder sei durch Wahlen gebremst worden. Mit sechs bis acht weiteren
Unterzeichnern rechnet der Rat bis 2005. Gesellschaftliche Proteste
hätten die Umsetzung bislang nirgends behindert, fasste Kaspersen die
Rückmeldungen aus den Unterzeichnerstaaten zusammen.

In den USA -- einem von insgesamt acht Nicht-Europaratsmitglieder, die
der Konvention beitreten wollen --  steckt die Konvention irgendwo
zwischen Senat und Kongress im Gesetzgebungsprozess fest. Sowohl Georg
Bush als auch ein Senatsausschuss haben die Ratifizierung befürwortet,
versicherte Betty Shave vom US-Justizministerium. Inhaltlich gibt es
laut Shave kein Problem, längst ist in den USA Gesetz, was die
Cybercrime-Konvention vorschlägt. Shaves Kollege Christopher Painter
vom US-Justizministerium, der auch Chef der G8 High-Tech Crime Subgroup
ist, nannte gegenüber heise online einen Vorbehalt: die
Verbotsvorschriften zu Hackertools (Paragraph 6): "Da sind wir
vorsichtig, wir wollen auf keinen Fall Forscher an der Entwicklung
solcher Tools hindern", versicherte Painter. Russische Vertreter sehen
das anders, sie wollen sogar lieber noch einen Schritt weiter gehen und
Lizenzen für Hackertools verlangen -- ganz genauso wie für andere
gefährliche Waffen.

Von Erfolgen berichteten Painter und Shave mit dem Kontaktnetzwerk,
über das Strafermittler bei Tag und Nacht Kollegen anderer Länder um
das Einfrieren von digitalen Spuren bitten können. Erst kürzlich,
erklärte Shave, habe eine solche Anfrage innerhalb von 24 Stunden zu
einer Verhaftung durch Ermittler in einem asiatischen Land geführt.
Wolfgang Schreiber vom Bundeskriminalamt, das ebenfalls Kontaktpunkt in
dem 24-Stunden/7-Tage-Netz ist, sagte dagegen, manche Anfragen -- auch
aus den USA -- kämen zu spät, um noch Daten sichern zu können. Auf der
anderen Seite endete mancher Anruf auch an einem nicht besetzten
Telefon. In Deutschland ist man mit der Umsetzung der Konvention noch
ziemlich am Anfang, nämlich bei einem Konsens mit den beiden
deutschsprachigen Nachbarn, Österreich und Schweiz, über die offizielle
Übersetzung. Noch in diesem Herbst soll dies zumindest über die Bühne
gehen.

Ob der Plan, die Konvention hierzulande noch in dieser
Legislaturperiode umzusetzen, hinhaut, bleibt abzuwarten. Marco
Gehrcke, Jurist von der Universität München, sieht gleich an mehreren
Stellen noch Anpassungsbedarf. "Besonders die Definition davon, was
illegaler Zugang ist, ist bei uns bislang ganz anders bestimmt," meint
Gehrcke. Die Konvention stelle den Zugang zum System in den
Mittelpunkt, das deutsche Strafrecht aber den Zugang zu Daten. Das
reine Einhacken in ein System schlägt daher aus seiner Sicht, anders
als von der Konvention gefordert, nach deutschem Strafrecht nicht zu
Buche. Was illegaler Zugang bedeutet, darüber gibt es offensichtlich
sehr unterschiedliche Vorstellungen. Kein Problem sieht beispielsweise
die schwedische Meldestelle für Kinderpornographie darin, beim
schwedischen Backbone-Provider russische Angebote nicht nur für
schwedische Nutzer sondern für gleich die gesamte Internetwelt sperren
zu lassen, die nach Meinung der Schweden Kinderpornographie enthalten.

Kinderpornographie gehört auch zu den Dingen, die im deutschen Recht
neu geregelt werden müssen, statt der bisherigen Grenze 14 Jahre
fordert die Konvention eine Heraufsetzung auf 18 oder mindestens 16
Jahre. Gehrke sieht im Übrigen auch ein gewisses Spannungsverhältnis
zwischen schneller Zusammenarbeit der Cybercrime-Ermittler und
grundlegender Rechte von Beschuldigten. Gehrkes Schweizer Kollege
Christian Schwarzenegger warnte im Übrigen vor einem drohenden
Missverhältnis zwischen Straftat und Eingriffsmöglichkeit: "Ist es die
richtige Lösung, mit einem solchen gesetzlichen Hammer auf acht- und
zehnjährige Filesharer	zu schlagen?", fragte der mit dem
kalifornischen Gouverneur verwandte Jurist.

Strafverfolger wie Schreiber oder dessen britischer Kollege bedauerten
dagegen fehlende Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung. Das Thema
Vorratsdatenspeicherung, von der Agenda der Konvention auf Grund
divergierender Meinungen gestrichen, wurde bei der Cybercrime-Konferenz
vielfach diskutiert. Auch hier haben viele neue Mitgliedsstaaten
inzwischen strenge Regelungen umgesetzt, zuletzt Polen, wo
Verkehrsdaten nun 10 Monate lang aufbewahrt werden müssen. Ein
Vertreter aus Slowenien wollte von den EU-Kollegen wissen, wie denn
eigentlich die Datenspeicherung und -archivierung organisiert werden
solle und wer dafür aufkomme. Konventions-Koautor Kaspersen warnte
dagegen gegenüber heise online vor dem Versuch, die umstrittenen
Speicherfristen jetzt über ein EU-Rahmengesetz durchzudrücken. "Wenn
man alles von Verkehrsdaten über E-Mail bis zu VoIP speichern will,
dann ist das Big Brother." (Monika Ermert)
 (jk[5]/c't)

Links in diesem Artikel:
  [1] http://www.heise.de/newsticker/meldung/32894
  [2] http://www.coe.int/
  [3] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/11083/1.html
  [4] http://conventions.coe.int/Treaty/en/Treaties/Html/185.htm
  [5] mailto:jk -!
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