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[infowar.de] BND nannte doch mögliche Angriffsziele im Irak
Hier tauchen mindestens implizit einige Aspekte auf, die wiederkehrendes
Thema dieser Liste sind:
- (zunehmende) Integration von Geheimdiensten in die taktischen
Entscheidungen der Streitkräfte
- Vermischung politischer und militärischer Beurteilungen: Was gehört zu
"realistischen Angriffszielen"? Wer entscheidet das?
- GPS-Scrambling und die europäische Alternative Galileo
RB
http://www.sueddeutsche.de/,tt2m3/deutschland/artikel/824/70754/
SZ vom 24.2.2006
Affäre
BND nannte doch mögliche Angriffsziele im Irak
Die Regierung hat erstmals eingeräumt, dass der Bundesnachrichtendienst
während des Irak-Kriegs Koordinaten militärischer Objekte weitergegeben
hat. Diese Angaben seien aber für die US-Armee nicht verwendbar gewesen.
Wie das Mitglied der Grünen im Parlamentarischen Kontrollgremium,
Hans-Christian Ströbele, in seiner Bewertung des Berichts der
Bundesregierung darstellt, meldete der BND zwischen 28. März und 7. April
2003 elf potenzielle Ziele an US-Stellen.
Die Regierung räumte am Donnerstag erstmals ein, dass der BND Koordinaten
militärischer Objekte weitergegeben habe. Diese Angaben seien aber für die
US-Armee nicht verwendbar gewesen.
Ströbele zufolge meldeten die beiden BND-Agenten, die während des Krieges
in Bagdad geblieben waren, ihrer Zentrale in Pullach „solche militärischen
Objekte, die nach den Erkenntnissen des BND Ziele für Luftangriffe der
US-Streitkräfte in Bagdad waren“.
In fünf schriftlichen Berichten hätten die BND-Mitarbeiter 14 militärische
Objekte benannt. Vier dieser Berichte seien an die Amerikaner
weitergegeben worden. Meist, so Ströbele, „waren die Objekte mit
Koordinaten versehen oder die Koordinaten waren bereits vorher bekannt“.
So habe der BND den USA beispielsweise am 30. März 2003 Stellungen von
Saddam Husseins Republikanischen Garden und Sondertruppen übermittelt, und
zwar mit Koordinaten. Am 1. April habe der deutsche Geheimdienst an
US-Stellen die Standorte „hochwertiger Militärfahrzeuge“ durchgegeben, die
unter Tarnnetzen versteckt seien.
Ströbele räumte ein, dass nicht geklärt sei, ob die Ziele auch bombardiert
worden seien. Zugleich meldete er aber „erhebliche Zweifel“ an der
Darstellung der Bundesregierung an, wonach Luftbilder bewiesen, dass die
Ziele nicht angegriffen worden seien.
Regierung und BND hatten bisher behauptet, die Agenten in Bagdad hätten
insbesondere Informationen zum Kriegsverlauf beschafft und den Amerikanern
nur so genannte non-targets wie Botschaften oder Krankenhäuser übermittelt
– also Ziele, die nicht bombardiert werden sollten.
Meldungen mit Koordinaten
In einer Stellungnahme, die der BND in Abstimmung mit dem Kanzleramt der
Süddeutschen Zeitung am 11. Januar übermittelt hatte, hatte es geheißen:
„Entgegen anderslautender Unterstellungen ist festzuhalten, dass den Krieg
führenden Parteien keinerlei Zielunterlagen oder Koordinaten für
Bombenziele zur Verfügung gestellt worden sind.“
Nachdem Ströbele am Donnerstag detailliert öffentlich gemacht hatte,
welche BND-Informationen während des Krieges bei US-Stellen gelandet
waren, gab der Geheimdienst erstmals zu, dass er „vier Meldungen“ mit
„Koordinaten zu sieben militärischen Teileinheiten beziehungsweise
Objekten sowie zum Restaurant im Stadtteil Mansur“ weitergegeben habe.
Die Angaben zu Mansur seien den USA aber erst übermittelt worden, als das
Restaurant am 7. April 2003 bereits bombardiert gewesen sei. Die
Amerikaner hatten vermutet, dass sich Iraks Diktator Saddam Hussein dort
aufhalte. Die Weitergabe von Angaben über den Standort der
Republikanischen Garden rechtfertigte der BND damit, dass diese „erkennbar
nicht zum Zielspektrum“ der US-Truppen gehört hätten.
Bei den Garden habe es sich um „mobile Kräfte“ gehandelt, „wie sie überall
im Stadtbild anzutreffen waren“. In anderen Fällen habe der BND
Koordinaten von Objekten an die USA übermittelt, bei denen „eine
Nachauswertung anhand von Satellitenbildern keine Anzeichen für eine
Bekämpfung dieser Objekte nach der Übermittlung der Koordinaten ergab“.
Regierungssprecher Ulrich Wilhelm sagte, es sei erwiesen, dass die
gemeldeten Ziele sich nicht für US-Angriffe geeignet hätten. BND-Sprecher
Stefan Borchert fügte hinzu, die Koordinaten seien militärisch nicht
verwendbar gewesen, weil die BND-Leute ein ziviles Navigationsgerät
benutzt hätten, das eine Abweichung von mindestens 50 Metern habe. Dies
sei für Militärs zu ungenau.
Die Grünen wollen die Entscheidung, ob sie einen
BND-Untersuchungsausschuss befürworten, erst an diesem Freitag treffen.
Grund dafür ist, dass die öffentlich zugängliche Fassung des BND-Berichts
bis Donnerstagabend noch nicht vorlag.
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