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[infowar.de] Experten fordern Produkthaftung für Software



Das Argument ist schon mehrfach aufgetaucht in der Diskussion um bessere IT-Sicherheit / CIP.
RB


http://www.heise.de/newsticker/meldung/86839

15.03.2007 18:57

Experten fordern Produkthaftung für Software

Hersteller von Computerprogrammen und Netzbetreiber sollen in Fragen
der  Haftung und der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) genauso
behandelt werden wie alle anderen Unternehmen, lautete der Tenor auf
einer Konferenz[1] des Bundesverbraucherschutzministeriums am heutigen
Donnerstag in Berlin. "Software fällt nicht unter die Produkthaftung",
beklagte Gerald Spindler von der juristischen Fakultät der Universität
Göttingen. "Aber was ist, wenn ein ganzer Betrieb ausfällt wegen
mangelhafter Software?" Auch beim Betrieb von Netzinfrastrukturen gebe
es "eine ganze Reihe von Haftungsprivilegien", die unter normalen
Umständen undenkbar seien. Selbst die grobe Fahrlässigkeit bleibe außen
vor. Der Rechtsprofessor plädierte daher für die Anpassung der
Haftungsregeln im IT-Bereich an die anderen Branchen. Dies würde
letztlich die Rechtssicherheit für die Anbieter erhöhen. Für die
Verbraucherschützer hätte eine solche Regelung zudem den "Charme", dass
sie gegen schwarze Schafe in der Branche einfacher vorgehen könnten.

"Es wäre ein Riesenfortschritt, wenn die rechtlichen Privilegierungen
der IT-Branche fallen würden", stieß Hans Micklitz, Vorsitzender des
wissenschaftlichen Beirats für Verbraucher- und Ernährungspolitik beim
Verbraucherschutzministerium ins gleiche Horn. Softwarehersteller seien
"genauso zu behandeln bei der Haftung wie jede kleine Klitsche". Da die
EU-Kommission in dieser Angelegenheit die Hände in den Schoß lege,
werden die Mitgliedsstaaten Micklitz zufolge nicht umhin kommen, selbst
entsprechende Standards zu setzen. Wenn man präventiv die Sicherheit im
IT-Bereich zu weiten Teilen in die Hände der Industrie oder in
Mechanismen der Selbstregulierung lege, könne der relative Zugang zur
Technik am Ende nur durch effiziente Mechanismen der ­ auch kollektiven
­ Haftung gewährleistet werden. Der von Micklitz geführte
wissenschaftliche Beirat hat eine ausführliche Stellungnahme
(PDF-Datei[2]) zum Verbraucherschutz in der digitalen Welt erarbeitet,
welche die Kernprinzipien der vom Ministerium[3] aufgestellte Charta
teilweise forcierter einfordert.

"Warum ist eigentlich Software kein Produkt, obwohl wir sie wie eine
Waschmaschine kaufen?", griff Edda Müller, Vorstand des Bundesverbands
der Verbraucherzentralen (vzbv[4]) den Faden auf. Michael Rotert,
Vorsitzender des Verbands der deutschen Interentwirtschaft eco[5],
pochte ebenfalls darauf, dass "Software mit weniger Fehlern
ausgeliefert werden muss." Sicherheit sei noch stärker schon in der
Entwicklungsphase von Produkten zu berücksichtigen und "sollte nicht in
Form von Zusatzpaketen teuer erkauft werden müssen".

Datenschutz- und Sicherheitsexperten sprechen[6] sich bereits seit
einigen Jahren dafür[7] aus, die Verlässlichkeit von Software durch die
Ausweitung von Haftungsregeln zu erhöhen. Mit der Debatte im
ministeriellen Umfeld erhöht sich nun der Druck auf den Gesetzgeber, in
diesem Feld klarere Regeln zu schaffen. Dorothee Belz, in der
Geschäftsführung von Microsoft Deutschland für Rechtsfragen zuständig,
mahnte allerdings zur Zurückhaltung bei staatlichen Vorgaben. "Wenn
kriminelle Aktivitäten im Internet stattfinden, inwieweit ist es dann
in der Verantwortung des Softwareherstellers, diese auszuschließen?",
fragte die Juristin. Müsse ein Hausbauer etwa von vornherein
verhindern, dass man in Türen eingebaute Schlösser knacken könne? Die
Diskussion um Sicherheitsstandard sei ferner "industriegeführt"
voranzutreiben, da die Politik hier nicht "am Puls der Zeit" sei.
Microsoft selbst habe mit Vista und Office 2007 begonnen, schon in die
Software-Entwicklung "höchste Sicherheitsmaßstäbe reinzupacken". Auch
habe man erstmals ein eigenes Produkt hierzulande datenschutzrechtlich
prüfen und zertifizieren lassen.

Für Rainer Metz, Unterabteilungsleiter im Verbraucherschutzministerium,
hinkt der Vergleich mit Tür und Schloss allerdings. Dieser sei nicht
auf die moderne Technologie zu übertragen, da der Verbraucher hier
selbst nur noch Bildschirm und Tastatur überprüfen könne. Die
eigentlichen Sicherheitsmechanismen würden ihm dagegen anders als bei
physischen Gütern dagegen verborgen bleiben. "Wir müssen die Hersteller
stärker zur Verantwortung ziehen und zu anderen Standards kommen",
betonte der Ministeriumsvertreter daher. Insgesamt solle mit der Charta
ein Prozess in Gang gebracht werden, um den Verbraucherschutz im
IT-Bereich zu verbessern. Rechtsansprüche an sich könne man daraus aber
nicht ableiten.

Europäische Verbraucherschutzorganisationen waren zuvor jahrelang mit
Vorschlägen für die Ausarbeitung entsprechender Prinzipien von einer
Ratspräsidentschaft zur nächsten getingelt, bis sich das deutsche
Verbraucherschutzministerium der Sache annahm. Die noch junge
EU-Verbraucherschutzkommission unterstützt die Charta prinzipiell,
wagte dazu aber bislang keinen eigenen Vorstoß. Die Kommissarin Meglena
Kuneva verweist vielmehr in diesem Zusammenhang auf eine noch bis Mai
laufende Konsultation[8] zur "Überprüfung des gemeinschaftlichen
Besitzstandes im Verbraucherschutz".  Ein entsprechendes, für
Kommentare offenes  Grünbuch (PDF-Datei[9]) hat ihre Behörde Anfang
Februar vorgestellt. (Stefan Krempl) /
 (vbr[10]/c't)

Links in diesem Artikel:
  [1] http://www.konsumentdigital.de/
[2] Http://www.konsumentdigital.de/fileadmin/sites/Stellungnahme_Langfassung.PDF
  [3] http://www.heise.de/newsticker/meldung/86802
  [4] http://www.vzbv.de/
  [5] http://www.eco.de/
  [6] http://www.heise.de/newsticker/meldung/32898
  [7] http://www.heise.de/newsticker/meldung/26579
  [8] http://ec.europa.eu/consumers/cons_int/safe_shop/acquis/index_de.htm
[9] http://ec.europa.eu/consumers/cons_int/safe_shop/acquis/green-paper_cons_acq uis_de.pdf
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